Wenn Hunde völlig übersättigt sind

Immer wieder treffe ich in meinen Trainings auf Hunde, die sich draußen nur schwerlich motivieren lassen, etwas gemeinsam mit ihrem Halter zu tun. Ihre Menschen erzählen mir, dass sie sich weder durch Spielzeug, noch durch ein körperaktives Spiel mit ihrem Besitzer, und auch nicht durch Futter aktivieren lassen.
Teils sind diese Hunde übergewichtig. So sollte man meinen, Futter wäre ihnen durchaus wichtig und sie ließen sich durch dieses motivieren. Tun sie aber nicht. Drinnen fressen sie gern. Draußen lassen sie die Fleischwurst links liegen.
Wie passt das zusammen?

Diese Hunde sind übersättigt. Wortwörtlich. Und dieses Phänomen der „Übersättigung“ muss sich keinesfalls nur auf Futter beziehen.
Es gibt Hunde, die haben einfach alles: Sie haben ein sicheres Zuhause, werden geherzt und gestreichelt, wann immer sie es einfordern, haben stets einen gefüllten Napf in der Küche stehen, zeigen ihrem Halter an, wann sie spazieren gehen wollen (und erreichen prompt, dass ihr Mensch sich eilig die Schuhe anzieht), dürfen frei durch alle Räume spazieren, entscheiden, wann sie in den Garten wollen und wann lieber wieder ins Haus, wann sie spielen möchten und so weiter und so fort.
Auf dem Spaziergang jedoch stellen sie die Ohren auf Durchzug. Sie kommen, wann es ihnen bliebt, machen ab und an einen kleinen Jagdausflug allein und wenn sie wiederkommen, spucken sie ihrem Menschen das Leckerchen vor die Füße – es war nämlich nicht das Super-Leckerlie, sondern nur das reguläre Trockenfutter. Selbst einige Tierschutzhunde, die sich auf der Straße selbst ernähren mussten und sicher zeitweise Mangel erlebt haben, rümpfen die Nase über die falsche Sorte Käse.
Ihre Halter finden keinen Zugriff auf den Hund – sie geben sich reichlich Mühe, ihm alles zu geben, was er braucht und womit er sich wohl fühlt, laufen bald mit frischem Pansen durch die Gegend, damit ihr Hund sie beachtet – aber der Erfolg stellt sich nicht ein. Warum nur ignoriert ihr Hund sie so?
Die Antwort ist: Weil sie sich selbst dieses Problem – unbewusst – herangezüchtet haben. Ein Hund, der alles hat, muss sich um nichts bemühen. Warum auch?
Ich möchte das ganze anhand eines menschlichen Beispiels verdeutlichen:
Ein Kind hat ein Zimmer voller Spielsachen. Sie quellen aus den Regalen heraus und im Bett ist kaum noch Platz vor lauter Kuscheltieren. Wenn das Kind nach Chips verlangt, setzt sich der Vater in den Wagen und fährt zum Supermarkt. Wenn es einen Gegenspieler für die Spielkonsole braucht, rast der Vater in der Mittagspause nach Hause und setzt sich neben das Kind zum Spielen. Wenn es die Gemüsesuppe mittags nicht essen möchte, macht seine Mutter ihm Pizza.
Irgendwann bittet die Mutter das Kind, den Müll rauszubringen. Und erntet ein „Nö, kein Bock; mach selber.“ Und das, obwohl sie doch so viel für das Kind tun…
Wie könnten die Eltern damit umgehen?
Nun, sie könnten probieren, das Kind auf einer moralischen Ebene anzusprechen: „Ach bitte, das kannst Du doch einmal für mich tun. Wir tun auch so viel für Dich.“ Wenn sie Glück haben, dann hat das Kind Einsicht.
Wenn nicht, wäre eine Möglichkeit, das Kind zu erreichen, ihm Privilegien zu entziehen bzw. Konsequenzen aufzuzeigen. Sie könnten verfahren nach dem Prinzip: „Du bringst zu erst dann Müll raus, dann spiele ich mit Dir.“
So könnte das Kind auf Dauer lernen, dass es bestimmte Rechte nur hat, wenn auch auch Pflichten erfüllt – übrigens eine sehr wichtige Lektion für’s weitere Leben. Smilie: ;)

Zurück zum Hund. Auch in der Mensch-Hund-Beziehung sollte es bestimmte Pflichten geben, die ein Hund zu erfüllen hat – zum Beispiel, (weitestgehend) zuverlässig zum Menschen zurück zu kommen, bzw. in seiner Nähe zu bleiben. Ein Hund, der aber völlig übersättigt ist, stets zur Verfügung hat, was er möchte, sieht nicht unbedingt die Notwendigkeit dazu. Dieses lässt sich häufig auch bei Tierschutzhunden beobachten, die sich lange Zeit ohne den Menschen „durchschlagen“ mussten und daher die Nähe zum Menschen nicht unbedingt brauchen.
Einem Hund kann man auf moralischer Ebene nicht begegnen. Auch kann man ihm nicht, anders als einem Kind, Konsequenzen à la „Wenn – dann“ erklären. Aber man kann einrichten, dass der Hund zwar mit allem versorgt ist, was er braucht, damit er gut und zufrieden leben kann, aber ohne, dass er es in ständigem Überfluss zur Verfügung hat. Denn es bleibt – wenn er alles hat, warum sollte er sich anstrengen?

In der Praxis könnten Veränderungen, damit der Hund sich wieder mehr an seinem Menschen orientiert, so aussehen:
1) Etwas, das selbstverständlich sein sollte: Ich achte darauf, dass mein Hund kein Übergewicht bekommt – hat er dieses bereits, reduziere ich die Futterration. Ein Hund, der gut genährt ist, aber nicht übergewichtig ist, lässt sich normalerweise auch mit Futter belohnen und motivieren.
2) Ich wechsle nicht ständig die Futtersorte, weil mein Hund nach zwei Tagen entscheidet, dass er nun etwas anderes haben möchte. So kann man sich leicht Futtermäkler heranziehen, die ihr Futter stehen lassen, weil sie es gewohnt sind, dass ihnen dann etwas anders, besseres gereicht wird.
3) Ich stelle meinem Hund die Futterration nicht immer komplett im Haus zur Verfügung (und lasse den Napf schon gar nicht dauerhaft stehen), sondern gebe ihm Teile davon auf den Spaziergängen bei gemeinsamen Aktivitäten (zum Beispiel aus dem Futterbeutel, bei Suchspielen etc.).
4) Ich gehe nicht auf jede Spiel- oder Kuschelaufforderung meines Hundes ein, wenn es mir gerade eigentlich nicht passt. Das hat nichts mit „Dominanztheorie“ zu tun, oder damit, dass der Mensch generell immer entscheiden sollte, wann ein Spiel stattfindet. Der Hund darf es genauso. Aber ich nehme mir auch mal das Recht heraus, eine Aufforderung abzulehnen.
5) Ich entscheide, wann ein Spaziergang stattfindet, und werde nicht nervös oder hektisch, weil mein Hund meint, er müsse nun raus, weil wir schon 5 Minuten über die gewohnte Gassi-Zeit sind.
6) Spielzeug muss nicht ständig zur Verfügung stehen. Ich gebe es meinem Hund dann, wenn wir uns gemeinsam damit beschäftigen – im Idealfall draußen, um Spaziergänge spannend zu gestalten.
Dieses ist nur eine exemplarische Aufzählung an Möglichkeiten, mit diesem Typ Hund umzugehen, um wieder ein gesunde Basis herzustellen.

Es geht mir nicht darum, dass ein Hund „kleingehalten“ werden soll und nicht ausreichend Zuneigung, Futter oder Beschäftigung bekommt. Ich bin der Meinung, dass ein Umdenkprozess stattfinden sollte, wenn ich einen Hund habe, der sich draußen durch nichts motivieren lässt und eigenständig „sein Ding“ macht. Für ein Zusammenleben mit diesen Hunden kann es hilfreich sein, Ressourcen und Rechte (zeitweise) einzuschränken, damit sie sie wieder als Privilegien und nicht als selbstverständlich erachten. So lässt sich die Orientierung am Menschen verbessern und gemeinsame Spaziergänge machen wieder Spaß. Das Ziel soll sein, dass Gassigänge wirklich gemeinsam stattfinden – und nicht so, dass der Hund selbständig Ausflüge macht und der Halter frustriert allein im Wald steht.
All das setzt jedoch voraus, dass ich mir das Recht gebe, meinem Hund Grenzen zu setzen und Privilegien einzuschränken. Das sollte uns kein „Bauchweh“ bereiten, im Gegenteil: Wir kennen doch wohl alle das Gefühl, dass wir etwas besonders zu schätzen wissen, das wir uns erarbeitet haben – z.B. etwas, auf das wir lange sparen mussten und für das wir hart gearbeitet haben. Dinge, die uns einfach „zufallen“, schätzen wir nicht unbedingt so sehr. Ähnlich ist es beim Hund.

Dieses ist keine Pauschalweisheit, die für jeden Hund gilt. Wenn Du allerdings einen Hund hast, auf den die Beschreibungen zutreffen, und der Dich draußen für alles andere „stehen lässt“, könntest Du überprüfen, ob für ihn überhaupt der Anreiz besteht, sich für etwas anzustrengen – oder ob Du es ihm vielleicht in gutem Glauben im Überfluss schenkst.

(c) Johanna Pelz, www.miteinanderlernen.de
(Darf unter Angabe des Copyrights gern geteilt werden.)

Kategorie(n): Allgemein, Führung, Training

„Mein Hund ist ignorant…“ – von Kommunikationsproblemen und falschen Interpretationen

Wie viele von uns kennen das Szenario: Man ruft seinen Hund – und er kommt nicht. Vielleicht kommt er nach dem zweiten Mal, oder dritten Mal rufen – vielleicht muss man ihn irgendwann an Ort und Stelle abholen.
Warum er nicht gehört hat ist ja wohl eindeutig: Er war ignorant! Oder…?
Dieses ist eine oft vorschnelle – und falsche – Interpretation.

Natürlich entscheidet sich ein Hund schon mal, nicht dem Rufen seines Menschen nachzukommen, weil er gerade etwas anders zu tun hat – zum Beispiel eine spannende Marke abzuschnuppern. Es kann aber auch einen ganz anderen Grund haben, warum ein Hund nicht kommt; und dieser liegt nicht beim Hund – sondern beim Menschen.
Mensch und Hund kommunizieren unterschiedlich. Während wir Menschen vornehmlich über unsere Lautsprache kommunizieren, nutzen Hunde schwerpunktmäßig ihre Körpersprache.
Gerade „Hundeneulinge“ sind sich dessen nicht bewusst. Aber auch „alte Hasen“ in der Hundeszene unterschätzen oft die Bedeutung der eigenen Körpersprache, wenn sie mit ihren Hunden umgehen.
Hunde beobachten uns den ganzen Tag und versuchen, unseren Bewegungen und unserer Körperhaltung Bedeutung zu entschlüsseln. Viele Hunde halten uns irgendwann für „Körperkläuse“, weil das, was wir sagen, oft nicht mit dem übereinstimmt, was unsere Haltung ausdrückt. So blenden einige Hunde das aus, was wir körpersprachlich vermitteln (weil sie diesem keine Bedeutung entnehmen können), und reagieren auf das, was wir lautsprachlich sagen (also z.B. Kommandos).

Es gibt aber durchaus Hunde, z.B. sehr sensible Vertreter, oder solche aus dem Tierschutz, die bislang mit Menschen als Sozialpartner wenig Erfahrung gemacht haben, die sehr genau auf unsere Körpersprache achten, auch, wenn diese in Diskrepanz – und entsprechend darauf reagieren.
Dieses kann z.B. der Fall sein, wenn wir so einen Hund rufen. Wie sagen das Kommando „Hier.“, aber unsere Körpersprache drückt etwas Gegensätzliches aus. Wir schauen dabei z.B. dem Hund in die Augen und stehen frontal zu ihm. In der menschlichen Kommunikation drücken wir damit höfliche Kommunikationsbereitschaft aus – nicht aber in der hündischen. Wenn ein Hund einen anderen direkt anschaut, dann selten mit einem freundlichen Hintergrund. Es signalisiert unter Hunden nicht: „Komm her.“, sondern vielmehr: „Bleib’ weg, oder es könnte Stress geben.“
So kann ein Hund, der sehr sensibel für unsere Körpersprache ist, in die Bredouille kommen, nicht zu wissen, was er tun soll: Dem Wortkommando folgen – oder lieber an Ort und Stelle zu bleiben, damit es nicht zu einem Konflikt kommt?!
Ein sensibler Hund entscheidet sich so vielleicht für letzteres. Und bleibt stehen.
Was tun wir Menschen? Wir interpretieren vorschnell, glauben, der Hund wolle nicht kommen und rufen abermals. Vielleicht ärgern wir uns auch noch, weil der Hund nicht tut, was er soll, obwohl er doch das Kommando „Hier.“ kennt. Also mischt sich Ärger in unsere Stimme, wir werden etwas lauter, vielleicht lehnen wir uns mit unserem Oberkörper noch vor – und erreichen damit, dass der Hund sich „bestätigt“ fühlt, vielleicht doch lieber dort zu bleiben, wo er ist. Dabei verhält er sich also überhaupt nicht ignorant, sondern eher deeskalierend.

Diesen Konflikt kann man vermeiden, indem man seine Körpersprache in Einklang bringt mit der lautsprachlichen Äußerung. Möchte ich, dass mein Hund kommt, lade ich ihn nicht nur verbal, sondern auch mit meinem Körper ein. Während eine frontale Ausrichtung mit direktem Blickkontakt aus hündischer Sicht bedrohlich ist, ist eine defensive Haltung einladend. Wenn mein Hund auf mein Kommando hin zu mir schaut, gehe ich ein bis zwei Schritte rückwärts. Meinen Blick wende ich dahin, wohin ich meinen Hund bewegen möchte, nämlich vor meine Füße. Sollte mein Hund noch „in der Schwebe“ hängen und nicht wissen, was er tun soll, gehe ich zusätzlich in die Hocke, wobei ich auch dort eine defensive Haltung einnehme, d.h., meine Schulter vom Hund abgewandt ist, ich also leicht seitlich hocke. So zeige ich meinem Hund sowohl laut-, als auch körpersprachlich eindeutig, was ich von ihm möchte.
Dieses ist nur ein Beispiel, wie sich menschliche und hündische Kommunikation unterscheiden und wie es dadurch zu Missverständnissen kommen kann.

Um diese Missverständnisse zu vermeiden, ist ein erster Schritt, sich klarzumachen, dass diese Unterschiede bestehen. Im zweiten Schritt ist es sinnvoll, sich mit hündischem Ausdrucksverhalten zu beschäftigen und die entsprechenden Erkenntnisse in den täglichen Umgang mit dem Hund einfließen zu lassen.
Nicht zuletzt ist es wichtig, nicht vorschnell zu interpretieren, wenn ein Hund nicht das tut, was er soll („Der ist ignorant.“), sondern erst einmal zu überlegen, was die Ursachen dafür sein könnten. Denn, wenn wir die wahren Ursachen erkennen, können wir an diesen fair und nachhaltig arbeiten.

(c) Johanna Pelz, www.miteinanderlernen.de
(Darf unter Angabe des Copyrights gern geteilt werden.)

Kategorie(n): Allgemein, Führung, Training

Seelenfreund

Worte sind unzulänglich, wenn man Liebe beschreiben möchte. Sie können nur grob umreißen, was tief im Herzen verankert ist, sich dort ausbreitet wir eine wohlig warme Decke, unter die man sich auf ewig zurückziehen möchte….

Es gibt den Spruch „Ein Hund ist der einzige Freund, den man sich für Geld kaufen kann.“ (Fritz Herdi)
Ich finde den Spruch nicht richtig.
Man kann sich die Freundschaft eines Hundes nicht kaufen. Zum Glück nicht, denn keine erkaufte Freundschaft ist wahre Verbundenheit.
Gerade deswegen ist die Freundschaft mit einem Hund so einzigartig und ehrlich. Er ist bereit sie Dir zu schenken, wenn Du ihn gut behandelst. Wenn Du Dich auf ihn einlässt. Dann schenkt er Dir seine Zuneigung, seine Liebe. Einfach so.

Er schenkt Dir das, wonach wir alle streben: Er nimmt Dich an, wie Du bist.
Er tröstet Dich, wenn Du traurig bist. Trocknet Deine Tränen. Heitert Dich auf.
Er wärmt Dir Deine kalten Füße im Winter, wenn er sich vor Deinen Beinen zusammenrollt.
Er sieht Dich voller Liebe an, an Tagen, an denen Du selbst nicht in den Spiegel schauen möchtest.
Er verzeiht Dir Deine Fehler. Er sieht Dir Deine Launen nach.
Du musst Dich vor ihm für nichts schämen, weil Du für ihn perfekt bist.
Er weckt das innere Kind in Dir, wenn Du Dich mit ihm auf dem Boden kugelst im wilden Spiel.
Er durchschaut Dich mit einem Blick durch seine Murmelaugen. Du kannst ihn nicht täuschen, weil er spürt, wie es Dir geht. Fernab von Worten.
Er nimmt Dir Deine Einsamkeit, wenn Du auf den Telefonanruf eines Menschen wartest.
Selbst ein regennasser Tag wird hell, wenn Du mit ihm zusammen auf der Couch liegst.
Er ist bereit, zu vergessen, was mal war und sich immer wieder neu auf Dich einzulassen.

Er ist ein treuer Freund auf vier Pfoten, der Dich nicht belügt. Stets ehrlich ist, Dir vertraut, Dir folgt. Er schenkt Dir alles, was er hat und fordert dabei so wenig.
Er bringt uns der Natur näher und lehrt uns Respekt vor anderen Lebewesen. Er hat Eigenschaften, die wir an vielen Menschen vermissen und stellt uns so vor die Frage, warum der Mensch sich für die Krone der Schöpfung hält.

Wie kann man so ein Lebewesen nicht lieben?, frage ich mich.
Wie kann man sich von so einem freundlichen Wesen nicht berühren lassen, tief im Herzen?
Wie kann man glauben, Hunde seien nur Reiz-Reaktions-Roboter, die Sitz, Platz, Fuß absolvieren und perfekt funktionieren müssen?
Wie kann man bereit sein, diese Wesen umzubringen? Sie zu vernachlässigen? Sie zu quälen?
Zu erwarten, dass sie uns verstehen, ohne dass wir bereit sind, sie zu verstehen? Ohne ihre Bedürfnisse zu sehen oder ihre Sprache zu erlernen?

Es bricht mein Herz zu sehen, wie oft sie missverstanden werden.
Wie oft sie schlecht behandelt werden.
Der Mensch hat sich den Hund als treuen Freund herangezogen. Sie sind einen Pakt eingegangen, dass sie einander helfen und unterstützen. Der Hund hält sich stets daran.
Der Mensch nicht.
Das unterscheidet Hund von Mensch.
Und das ist der Grund, warum ich meinem Hund bedingungslos vertraue, dass er für mich da ist – sein Leben lang.
Einen Menschen zu finden, dem Du so vertrauen kann – das ist eine Seltenheit.
Einen Menschen zu finden, der Dich annimmt, wie Du bist, der für Dich da ist, Dich umsorgt, Deine wahren Gefühle außerhalb von Worten wahrnimmt – das ist rar.
Ein jeder Hund ist aber bereit, das zu tun.

Ich glaube, Menschen, die Hunde nicht mögen, sind mit sich selbst nicht im Reinen. Vielleicht können sie nicht glauben, dass sich ihnen ein Wesen vorbehaltlos nähert.
Sie einfach annimmt, wie sie sind. Ohne, dass sie eine Gegenleistung bringen müssen.
Vielleicht haben sie Angst vor einem fremden Wesen, das sie mit einem Blick durchschaut, ihre Fehler sieht und sie dennoch liebt.

Ich wünschte mir, es müssten keine Texte geschrieben werde, um die Liebe zu einem Hund zu beschreiben – weil ein jeder wüsste, was diese bedingungslose Liebe bedeutet.
Es würde die Welt zu einer besseren machen.

(c) Johanna Pelz, www.miteinanderlernen.de
Darf unter Angabe des Copyrights gern geteilt werden.

Kategorie(n): Allgemein

Warum Over-Entertainment mehr schadet als nutzt

In einem großen Hundeforum gibt es den Thread „Was habt Ihr heute mit Euren Hunden gemacht?“ Dort wetteifern die Nutzer, wer seinen Hund mehr entertained:
„Morgens anderthalb Stunden Spaziergang mit ein bisschen Apportieren, mittags kleine Schnüffelspielchen im Garten, abends eine Runde Agility auf dem Hundeplatz und abends noch eine „kleine“ Löserunde von einer Stunde mit ein paar Unterordnungsübungen.“, solche Beschreibungen finden sich dort zuhauf.

Ein Traum-Hundeleben?

In Diskrepanz zu diesem scheinbaren Traum habe ich zunehmend mehr Hunde im Training, die nervös sind, hibbelig, nicht abschalten können. Die keine Ruhe finden, Fehlverhalten entwickeln, Bewegungsreizen hinterhergehen – ungeachtet, ob es Schmetterlinge, rollende Bälle oder Radfahrer sind. Die beim Spaziergang völlig außenfokussiert sind und für ihren Besitzer nicht ansprechbar.

Zufall? Mit Sicherheit nicht.

Ich behaupte, das größte Problem ist, dass Hunde heutzutage zu viel beschäftigt werden.
Während Hunde vor einiger Zeit vor allem das Bewachen von Haus und Hof hatten und sonst nur „nebenher“ gelaufen sind, haben Sie an Bedeutung als Sozialpartner und Familienmitglied gewonnen. Als solche möchten wir sie selbstverständlich zufrieden stellen und ihren (vermeintlichen) Bedürfnissen nachkommen. So gehen wir davon aus, dass unsere Vierbeiner, damit sie sich nicht langweilen (und weil es dem Menschen natürlich auch Spaß macht), ordentlich Programm brauchen.

Montags Agility, Dienstags Obedience, Mittwoch Mantrailing, Donnerstag Apportieren, am Freitag eine Stunde Hundeschule….und daneben noch Spaziergänge, auf denen die Vierbeiner ebenfalls beschäftigt werden – das ist keine Seltenheit.
Gerade Besitzer von „Arbeitshunden“, die als Familienhunde an Beliebtheit gewonnen haben, bekommen früh gesagt: „Oh, DEN musst Du aber auslasten.“ Ja, das ist richtig.

Auslastung ist wichtig. Ruhephasen aber genauso. Und das ist der entscheidende Knackpunkt.

Das Ruhebedürfnis eines Hundes liegt bei ca. 17-20 Stunden pro Tag. Diese Zeit braucht der Hund zur Regeneration, damit das körpereigene Stresssystem „herunterfahren“ kann und ein Hund ausgeglichen ist. Zu viel und zu schnelle Auslastung fahren einen Hund „hoch“ – hat er zu wenig Ruhezeit, kann das Gehirn kein chemisches Gleichgewicht herstellen – der Hund wird unausgeglichen und findet keine Ruhe.
Die verbleibende Wachzeit von 4 – 7 Stunden ist wohlgemerkt aber nicht gleichzusetzen mit Aktivitätszeit, in der der Hund beschäftigt werden sollte.
Zur Wachzeit zählen auch Phasen, in denen der Hund in der Wohnung mit seinem Menschen die Räume wechselt, draußen im Garten liegt und Außenreize wahrnehmen und darauf reagieren kann etc.
Ruhephasen hingegen zeichnen sich dadurch aus, dass der Hund auch wirklich ruht und nicht immer wieder mit Reizen konfrontiert wird. Das heißt, dass ein Hund, der an den Arbeitsplatz mitgenommen wird, dort nicht unbedingt seinem Ruhebedürfnis nachkommen kann.

Häufig haben Hundehalter, wenn sie einen hibbeligen Hund haben, das Gefühl, sie müssten ihn noch mehr auslasten. Also wird der Spaziergang verlängert, oder eine zusätzliche Aktivität eingebaut. Oftmals sind die verwundert, dass auch mit diesen Maßnahmen der Hund noch nicht ausgelastet genug scheint, und nehmen weitere Aktivitäten dazu.
Dabei ist das Problem oft nicht, dass der Hund zu wenig macht, sondern schon längst zu viel. Durch weitere Aktivitäten bekommt der Hund noch weniger Ruhe – und sein Stresssystem kann sich noch weniger regenerieren. Die Symptome verschlimmern sich immer weiter.

Was der Weg aus der Problematik ist?

Zunächst einmal sollte das tägliche Programm deutlich reduziert werden:
Kleinere Runden, weniger Aktivitäten, längere Ruhephasen. Lassen Sie Ihren Hund auf Spaziergängen auch einfach mal Hund sein und in Ruhe „Zeitung“ lesen, beschäftigen Sie ihn nicht zusätzlich mit Spielzeugen, Unterordnungsübungen etc.
Des Weiteren sollten Sie kontrollieren, dass Ihr Hund im Haus auch wirklich zur Ruhe kommt, z.B. durch das Schicken auf eine Decke oder gegebenenfalls den Einsatz eines Kennels.
Schnelle Spiele (besonders Ball-/Frisbeespiele) sollten durch wohl dosierte, ruhige Teamarbeit oder Schnüffelspiele ersetzt werden. Schnelles Agility kann durch ruhige Gerätearbeit ersetzt werden.

Viele Halter machen sich Sorgen, dass Ihr Hund diese Umstellung nicht ertragen kann, ohne völlig aufzudrehen. Es kann tatsächlich kurz zu einer „homöopathischen Erstverschlimmerung“ in den ersten Tagen kommen. Halten Sie trotzdem dieses Programm mehrere Wochen durch! Sie werden überrascht sein, dass Ihr Hund, statt aufzudrehen, darunter entspannen kann. Auf Dauer kann das Programm dann wieder langsam und wohl dosiert (!) erhöht werden. Wenn Sie merken, dass Ihr Hund wieder unruhiger wird, reduzieren Sie es wieder.

Prophylaktisch können Sie immer mal „Langeweile-Tage“ einbauen, an denen Sie nur kurze Runden ohne viel „Bespaßung“ mit Ihrem Hund gehen. Auch solche Tage sollten von Ihrem Hund auszuhalten sein, ohne, dass er „nörgelig“ wird. Dabei brauchen Sie auch kein schlechtes Gewissen zu haben – ganz im Gegenteil – denn:
1.) Ist für uns auch nicht jeder Tag ein Sonntag. Auch wir haben Tage, die nicht unseren Traumvorstellungen entsprechen(z.B. Arbeitstage Smilie: ;) ) und müssen uns mit diesen arrangieren – das darf Ihr Hund somit also auch.
2.) Tun Sie sich selbst damit einen Gefallen z.B. für den Fall, dass Sie einmal krank sind und für einige Tage keine größeren Runden gehen können. Hat Ihr Hund gelernt, dass es auch Tage ohne viel Action gibt, kann er dieses besser tolerieren, ohne, dass er Ihnen die Wohnung umgestaltet.

Wie viel Aktivität einem Hund generell gut tut, kann nicht pauschal gesagt werden und ist im Einzelfall zu prüfen. Einige Hunde sind extrem schnell „hochzufahren“, bei diesen sollte besonders auf nur kurze Aktivitätsphasen und hingegen lange Ruhephasen geachtet werden.
Andere Hunde können hervorragend zur Ruhe kommen – bei diesen ist die Gefahr geringer, dass sie zu „Beschäftigungsjunkies“ werden.

Wenn Sie einen Hund haben, der generell sehr hibbelig ist, trotz allerlei Auslastung nicht zur Ruhe kommt, scheinbar immer mehr fordert oder gar problematisches Verhalten entwickelt, begehen Sie nicht den Fehler, weiteres Programm „aufzufahren“.

Möglicherweise machen Sie nicht zu wenig – sondern in gutem Glauben zu viel.

Kategorie(n): Allgemein, Gesundheit, Training

Maulkorb drauf!

Maulkorb

NEIN, Cookie ist nicht zum Beißer mutiert.
Und JA, trotzdem bekommt er ab und an einen Maulkorb drauf. (Und sei es nur, um Größen zu testen.)
Hand auf’s Herz: Wer bekommt bei dem Bild Mitleid mit dem armen Hund?!
Genau das erlebe ich in meinen Trainings immer wieder.

Ich arbeite mit Hunden, die andere Hunde oder Menschen ernsthaft gebissen haben. Um sicher trainieren zu können, ist ein Maulkorb unabdingbar.
Viele Halter haben ein schlechtes Gewissen, ihrem Hund einen Maulkorb aufzuziehen.
Was dahinter steckt?
Ich denke: Vor allem eine menschliche Interpretation.
WIR möchten keinen „Maulkorb“, weil wir unsere Meinung äußern möchten. Wir möchten keine Einschränkung. Wir möchten maximale Freiheit.
Ich bin immer wieder verwundert, wenn Menschen lieber in kauf nehmen, dass ihr Besuch gebissen wird, als ihrem Hund einen Maulkorb aufzuziehen.
Ich halte dieses für grob fahrlässig; basierend auf einer menschlichen Interpretation, dass der Maulkorb eine schlimme Einschränkung für den Hund ist.
Mithilfe eines entsprechenden Trainings empfindet ein Hund einen Maulkorb nicht als Einschränkung.
Mit einem gut sitzenden Maulkorb kann ein Hund hecheln, trinken, und sogar Leckerchen (durch die Schlitze) aufnehmen.
Wir sollten den Beißkorb nicht als Einschränkung, nicht als Strafe, sondern als Chance sehen – er ermöglicht, mit dem Hund zu trainieren, dass Beißen (oder der Versuch) nicht mehr zum Erfolg führt, sondern stattdessen alternative Strategien zu erarbeiten, die keinen Menschen schädigen, so dass der Hund auf Dauer Beschädigungsabischten unterlässt.
Daher möchte ich an allen Menschen, die einen Hund haben, der bereits gebissen hat, folgende Frage stellen:
„Wenn Dein Hund frei wählen könnte, was glaubst Du, würde er wählen: Durch Beißen zum Erfolg zu kommen, und deswegen ein Leben lang im Tierheim zu verbringen oder maximal eine Stunde am Tag einen Maulkorb zu tragen, wenn Besuch zu Übungszwecken kommt?“
In diesem Sinne: Ein Maulkorb ist keine Strafe, sondern eine Chance!
(c) Johanna Pelz, www.miteinanderlernen.de

Kategorie(n): Allgemein, Training

Warum Hundekontakt an der Leine tabu sein sollte

Immer wieder liest man, dass Hunde an der Leine keinen Kontakt haben sollten. Im Alltag hingegen sieht man, dass regelmäßig Hunde an der Leine zusammengeführt werden, um mal „Hallo“ zu sagen.

Was aber ist falsch daran, Hunde an der Leine zu einander zu lassen?

Die Leine bedeutet für den Hund eine Einschränkung in seiner Bewegungsfreiheit. Sie verhindert, dass er sich so bewegen kann, wie er es von sich aus täte.
Es ist gerade dieser Umstand, der Hundezusammenführungen an der Leine so brisant machen kann.

Fremde Hunde, die ungeleint aufeinander treffen, nähern sich (wenn sie es besonders höflich tun und ausreichend Platz gegeben ist) in einem Halbbogen an, um sich zu beriechen und somit Informationen auszutauschen. Ist einer der Hunde nicht an einem Kontakt interessiert, hat er die Möglichkeit, auszuweichen.
Diese Möglichkeit wird ihm durch die Leine genommen.

So kann es dazu kommen, dass sich einer der beiden aufeinander treffenden Hunde durch den anderen bedrängt fühlt. Während er sich offline vielleicht deeskalierend verhalten und den Konflikt dadurch auflösen würde, sich durch Entfernen mehr Raum zu verschaffen, wird ihm diese Lösungsstrategie durch die Leine genommen. So hat er nur die Möglichkeit, durch aggressive Kommunikation dem anderen klarzumachen: „Ich möchte diesen Kontakt nicht.“ Im besten Fall versteht der Artgenosse dieses und weicht – tut er es nicht, hat der erste Hund wenig andere Möglichkeit, sein Anliegen zu verdeutlichen, als (schlimmstenfalls) zuzubeißen.
Aber selbst wenn es nicht zu einem Beißvorfall kommt, dann reicht für einen unsicheren Hund auch oft die Erfahrung, bedrängt zu werden und nicht davon zu können, damit seine Unsicherheit gegenüber anderen Hunden weiter wächst.

Daher: Lasst Eure Hunde, so lange sie angeleint sind, nicht zu Artgenossen Kontakt aufnehmen. Ist von Seiten der Menschen erwünscht, dass die Vierbeiner sich beschnüffeln, leint Eure Hunde vorher ab. Könnt Ihr Euren Hund (wegen Jagdtrieb o.ä.) nicht komplett ableinen, sichert ihn mit einer ausreichend langen Schleppleine, so dass er den Kontakt abbrechen kann, wenn er ihn nicht mehr möchte.

Der Verhaltenskodex, dass angeleinte Hunde nicht zu einander gelassen werden sollten, gilt übrigens auch, bzw. insbesondere (!), wenn nur einer der beiden Hunde angeleint ist. Hier ist das Kräfteverhältnis noch weitaus unausgeglichener. Zudem sind die Gründe, warum der andere Hund angeleint ist, oft nicht sofort offensichtlich: Vielleicht handelt es sich um einen Hund, der bereits schlechte Erfahrungen mit Artgenossen gemacht hat, möglicherweise hat er eine Krankheit etc.

Daher sollte gelten: Wenn ich auf ein Mensch-Hund-Team treffe, bei dem der Hund an der Leine ist, leine ich selbst meinen Hund an oder lasse ihn z.B. absitzen und das Team passieren.
So zollen wir nicht nur anderen Menschen und Hunden Respekt, sondern verhindern auch unangenehme Auseinandersetzungen.

(c) Johanna Pelz, www.miteinanderlernen.de
(Darf unter Angabe des Copyrights gerne geteilt werden.)

Kategorie(n): Allgemein

Zum kritischen Einsatz der Reizangel

Im aktuellen Prospekt eines Tierfachgeschäfts findet sich eine Werbung für die so genannte „Reizangel“.

Noch nie gehört?

Wie der Name schon sagt, handelt es sich dabei um einen Teleskopstab mit einer Schnur, einer Angel ähnlich. An der Schnur lässt sich ein Spielzeug, ein Dummy o.ä. befestigen. Die Angel wird vor dem Hund bewegt und so wird das Beuteobjekt „zum Leben erweckt“ und der Hund animiert, diesem zu folgen.

So weit klingt es nach einem schönen Spiel, einer schönen Auslastungsmöglichkeit. Als letzteres wurde die Reizangel bereits von einem bekannten Hundetrainer im Fernsehen empfohlen. Zwanzig Minuten Training an der Reizangel, so dieser, würden einen Spaziergang von anderthalb Stunden ersetzen.

Ich sehe diese Aussage und auch so ein Gebrauch der Reizangel jedoch als sehr kritisch an.

Gerade jagdlich ambitionierte Hunde werden durch unkontrolliertes Hetzen des Objekts an der Reizangel in ihrem Jagdverhalten gestärkt. Sie lernen, einem Bewegungsreiz ohne, dass sie Impulskontrolle aufbringen müssen, einfach hinterherlaufen zu dürfen und dann letztendlich (wenn sie nämlich schneller sind als wir und das Objekt fangen) zum Erfolg zu kommen. Diese Erfahrung übertragen viele Hunde auf tatsächliche Beuteobjekte – zum Beispiel, wenn ein Hase über den Weg läuft. Wird die Reizangel so eingesetzt, dann ist sie KEINE Alternative zum Jagen, die den Hund davon abhält, dieses im Ernstfall zu tun. Stattdessen fördert sie das Hetzverhalten und kann dazu führen, dass der Vierbeiner erst Recht dem Reh hinterherläuft. Wenn ein Hund bereits bei einem Spieli, das sich schnell bewegt, keine Impulskontrolle aufbringen kann, wie soll er es dann bei echter Beute können?

Auch können die schnellen Stopps und Richtungswechsel, die passieren, wenn man de Angel hin- und her schwenkt, negative Auswirkungen auf die Gelenke haben – gerade bei schweren Hunden, bzw. solchen, die mit dem Bewegungsapparat Probleme haben.

„Hibbelige“ Hunde, die viel Temperament mitbringen, werden durch die Reizangel nicht wirklich körperlich ausgelastet, wie propagiert – die schnellen, stereotypen Bewegungsabläufe schütten körpereigene Glückshormone aus und so kann sich eine regelrechte Sucht entwickeln, die dazu führt, dass der Hund nicht mehr zur Ruhe kommt und immer mehr fordert.

Trotz allem ist die Reizangel generell kein schlechtes Trainingsinstrument – wobei die Betonung eben auf „Training“ liegt.
Wenn man sie einsetzt, um den Hund, wie Fichtlmeier es mal ausdrückte ,„zur Ruhe zu reizen“, kann sie wertvolle Dienste im Bereich der Impulskontrolle und des „Anti-Jagd-Trainings“ leisten.
Dazu lernt ein Hund, Ruhe einzuhalten, wenn das Objekt an der Reizangel vor seiner Nase bewegt wird. Später wird über die Angel ein Stopp-Signal etabliert und gefestigt. Im Idealfall wird das Training so konsequent durchgeführt, dass der Hund während der sich bewegenden Reizangel beim Hetzen gestoppt werden kann. Kann ein Hund dieses bei der hohen Reizlage durch die Ersatzbeute leisten, so ist die Chance gut, dass er es auch bei einem wirklichen Beuteobjekt kann.

Das Training sollte kurz gehalten werden, jeweils nur wenige (!) Minuten am Stück, um das Sternsystem des Hundes nicht zu sehr „anzuheizen“.

Fazit
Ein unkontrollierter Einsatz der Reizangel kann mehr negative als positive Auswirkungen haben, insbesondere in Bezug auf das Jagdverhalten, den Bewegungsapparat und die Gefahr einer Suchtentwicklung.

Wird die Reizangel in Maßen und gezielt zum Aufbau und der Festigung von Impulskontrolle und Kommandos verwendet, kann sie hilfreich sein. 
Bitte achten Sie darauf, dass sie den Hund nicht unkontrolliert, das heißt, ohne Freigabe, das Objekt hetzen und auch nicht fangen (!) lassen, sondern erst auf Ihre Freigabe hin. Suchen Sie Hilfe bei einem Trainer, der Ihnen dieses zeigen kann. Setzen Sie die Reizangel nur ab und an und dann nur für wenige Minuten ein.

Als reine „Auslastungsmöglichkeit“ ist die Reizangel nicht geeignet – dafür gibt es zahlreiche Alternativen, die Ihren Hund sinnvoller auslasten.

(c) Johanna Pelz, www.miteinanderlernen.de
Nur teilen – nicht klauen. Smilie: ;)

Kategorie(n): Allgemein, Spiel, Training

Entertainment ist nicht alles!

Seinen Hund zu „bespaßen“ und auszulasten, gehört zu den Pflichten eines Hundehalters. Gemeinsame Aktivitäten sorgen für die Ausschüttung des Bindungshormons „Oxytocin“ und festigen damit die Mensch-Hund-Beziehung, schaffen Selbstvertrauen beim Hund und machen unseren Vierbeiner zufrieden.
Dennoch ist ausreichende Auslastung nicht alles.
Damit ein Hund problemlos in seiner Umwelt zurecht kommt, braucht er Orientierung am Menschen. Wir müssen bereit sein, ihm diese zu geben, indem wir ihm Sicherheit in schwierigen Situationen vermitteln – und zwar authentisch! Dazu gehört z.B., dass wir ihn auf der Hundewiese vor anderen, weniger freundlich gesinnten oder aufdringlichen Hunden schützen und diese wegschicken. Oder ihm kommunizieren, dass er nicht dafür verantwortlich ist, fremde Menschen, die ihn verunsichern, in die Flucht zu schlagen, sondern wir es sind, die ihn „absichern“ und die Menschen bitten, Abstand zu halten (und unseren Hund z.B. nicht zu streicheln).

Ein Hund, der seinen Menschen ausschließlich als „Kumpel“ beim Spiel erlebt, mag diesen sicherlich sehr gern – wird sich aber nicht freiwillig an ihm orientieren, wenn er in Bedrängnis ist.
An wen wendest Du Dich, wenn Du Angst hast? An Deinen Tennispartner? Oder an einen Menschen, bei dem Du weißt, dass er Dich mit allen Mitteln schützt?

Hingegen: Was Du versprichst, musst Du auch halten! Achte gut auf Deinen Hund und schütze ihn, wenn er mit einer Situation überfordert ist. Mit jedem Mal, bei dem Du Deine Verantwortung ernst nimmst und ausführst, wirst Du Eindruck bei Deinem Hund hinterlassen.
Damit wirst Du zum optimalen Begleiter – in jeder Hinsicht.

(c) Johanna Pelz, www.miteinanderlernen.de

Mehr Artikel, Fotos und Infos zu meiner Arbeit findet Ihr bei Facebook unter „MiteinanderLernen“. Smilie: :)

Kategorie(n): Allgemein, Führung, Spiel, Training

Warum es manchmal nicht sinnvoll ist, einen Hund durch brenzlige Situationen zu „keksen“

Welcher Hundehalter kennt das nicht: Dein Hund hat z.B. ein Thema mit Artgenossen. Wir erblicken in der Ferne einen solchen herannahen, zücken das Leckerchen und versuchen, unseren Hund, ohne dass es eine Pöbelei an der Leine gibt, am anderen Hund „vorbeizukeksen“.
Im „Idealfall“ vielleicht noch so, dass der eigene Hund den anderen Vierbeiner nicht mal gesehen hat.

Warum aber ist dieses nicht sinnvoll?
Nun, greifen wir auf das Beispiel zurück: Ich sehe einen anderen Hund, und lenke meinen eigenen mithilfe von Leckerchen ab, so dass er ihn nicht wahrnimmt und sich folglich nicht aufregt.
Was kann daran verkehrt sein?

Die einfache Antwort ist: Mein Hund lernt nichts dabei, denn ich verhindere, dass er sich mit der Konfliktsituation auseinandersetzt. Da er dabei nichts lernt, wird sich an seiner Problematik gegenüber anderen Hunden nichts ändern. Es bleibt ein Bangen und Hoffen, dass ich den anderen Hund schneller sehe als mein Hund es tut.

Der trainingstechnisch „feinere“ Weg ist der der Gegenkonditionierung. Das bedeutet im Klartext, dass ein fremder Hund mit einer positiven Erfahrung „belegt“ wird. Im Training würde das in Kurzform so aussehen: Mein Hund sichtet einen anderen Hund, ich spreche ihn an – und er erhält dafür einen Keks. Dauerhaft kann daraus die Lernerfahrung entstehen: Wann immer mein Hund einen Artgenossen sichtet und ich ihn anspreche, weiß er, dass er ein Leckerchen erhält.

Das ist durchaus für einige Situationen ein probates Trainingsmittel. Allerdings sehe ich dennoch einige Schwierigkeiten bei der Umsetzung, die ich im Folgenden auflisten möchte:

1.) Zunächst einmal ist der Trainingsweg zumeist ein langer. In einem hohen Erregungszustand, sprich, wenn der Artgenosse schon relativ nah ist, wird mein Hund nicht mehr ansprechbar sein, auch, wenn ich ein Kotelett vor seiner Nase schwenke. Es gilt also, anfangs auf sehr weite Distanzen zu trainieren und diese peux a peux zu verringern. Das kann mitunter Monate dauern.

2.) Hunde sind durchaus in der Lage, Prioritäten zu setzen. Superleckerchen hin oder her, je nachdem, was für eine Intention mein Hund mitbringt, interessieren ihn diese beim Anblick eines anderen Hundes nicht mehr. Stellen Sie sich vor, Sie stehen Ihrem Erzfeind gegenüber, mit dem Sie noch eine Rechnung offen haben und dem Sie gepflegt angestaute Wut entgegen schleudern wollen (So etwas soll es ja auch bei Menschen geben, richtig? Smilie: ;) ). Würden Sie sich dagegen entscheiden, bloß, weil jemand Ihnen einen BigMac anbietet? Wohl kaum.

3.) Was passiert, wenn ich einige Zeit keine Leckerchen mit mir herumtrage, aber mein Hund dennoch auf Artgenossen trifft? Richtig. Die Konditionierung wird abgeschwächt, bzw. verfällt.

4.) Die von mir persönlich als die erheblichste empfundene Problematik ist aber: Vorbeikeksen „behandelt“ die Sachlage auf einer materiellen Ebene – es ist ein Tausch, ein Überreden – und das hat rein gar nichts mit der Beziehungsebene zu tun. 
Genau das ist es aber, was mir im Leben mit einem Hund so wichtig ist. Ich möchte meinem Hund in Konfliktsituationen zeigen, dass er sich nicht um Probleme kümmern muss, mit deren Klärung er allein überfordert ist, sondern dass ich ihm zur Seite stehe und dieses tue. Das bezieht sich natürlich nicht auf kleine Problematiken, die im Leben eines Hundes natürlich sind, wie z.B. kleine „Reibereien“ mit Artgenossen, sondern auf Schwierigkeiten, denen er sich allein nicht ausreichend stellen kann. Diese Sicherheit, und diese Orientierung, kann nicht durch Leckerchen gewährleistet werden. Sie sind vielleicht ein kurzzeitiger „Schnuller“, so lange sie da sind, aber sie dienen nicht der Problemlösung und der Klärung von Rollen innerhalb der Mensch-Hund-Beziehung.

Also – was dann?

Mein präferierter Weg ist, dem Hund körpersprachlich zu zeigen, dass ich mich um Konflikte kümmere, die er nicht ausreichend bewältigen kann. Diese Form der Kommunikation gibt dem Hund Orientierung und entlastet ihn von einer Verantwortung, die die meisten Hunde gar nicht haben wollen.

Zusammenfassend bleibt also: Ein Keks kann in der ein oder anderen Situation ein probates Mittel sein. Gerade, wenn ich sehe, dass meinem Hund etwas wirklich schwer gefallen ist, finde ich es völlig legitim, mit einem Leckerchen zu unterstreichen, dass er sich toll verhalten hat. Aber dennoch wird ein Leckerchen für einen Hund niemals die soziale Unterstützung seines Menschen ersetzen.

(c) Johanna Pelz, www.miteinanderlernen.de

Kategorie(n): Allgemein, Führung

Wie der Herr, so ’s Gescherr – Die Rolle des Menschen in der Mensch-Hund-Beziehung

Nein, die Aussage meint nicht nur die äußerliche Angleichung von Gesichtszügen und Frisur. Smilie: ;)
Tatsächlich verbirgt sich hinter der Aussage weitaus mehr.

Wenn wir den Charakter eines Hundes beschreiben und einschätzen wollen, dürfen wir nicht nur den Hund als einzelnes Individuum betrachten.
Er ist geprägt von Genetik und Vorerfahrungen, auf die wir nicht immer Einfluss hatten bzw. haben.

Aber natürlich prägt auch die aktuelle Lebenssituation den Vierbeiner.
Ein Hund ist keine „Insel“, genauso wenig wie ein Mensch. Ein Hund lebt in einem Netz von sozialen Beziehungen, sowohl zu anderen Hunden, als auch zu seinem Mensch bzw. seinen Menschen. Gerade der Mensch hat dabei großen Einfluss auf das Verhalten seines Hundes, insbesondere, je länger und intensiver diese Beziehung besteht.

Wie kommt es dazu?
Hunde beobachten uns den ganzen Tag – und nehmen unsere Stimmungen wahr. Je ausgeglichener wir sind, so sehr sind es auch unsere Vierbeiner. Andersherum: Je angespannter wir sind, desto mehr sind sie es.

Haben wir Stress, übertragen wir dieses auf unseren Hund. Er spürt unsere Angespanntheit, kann sie aber nicht richtig einordnen und verarbeiten. An anderer Stelle sucht er sich dafür ein Ventil.

Ein Beispiel:
Frau X hat Streit mit ihrem Mann. Sie argumentiert lautstark mit ihm und beschließt, als sie merkt, dass der Konflikt im Moment nicht gelöst werden kann, ihren Frust abzubauen, indem sie mit dem Hund spazieren geht. Sie geht in den Wald, löst die Leine und ihr Vierbeiner rennt schnurstracks auf einen entgegenkommenden Artgenossen zu und pöbelt diesen an – obwohl er eigentlich keine Probleme mit anderen Hunden hat.

Verwunderlich? Nicht wirklich. Ihr Hund hat natürlich den Konflikt und die hochgekochten Emotionen wahrgenommen. Er kann keinen Einfluss auf die Klärung nehmen und auch nicht kognitiv verarbeiten, warum es Streit gab. Das baut auch beim Hund Stress auf, für den er ein Ventil braucht. Im genannten Beispiel war es der herannahende Hund. Ohne, dass sich der Vierbeiner von Frau X damit auseinandergesetzt hat, um was für einen Artgenossen es sich überhaupt handelt, hat er ihn „attackiert“ – und damit Frust abgelassen.

Das ist nur ein Beispiel, wie sich Stimmungen übertragen. Von diesen gibt es zahlreiche, die Sie immer wieder im Alltag mit Ihrem Hund finden können, wenn Sie das Verhalten ihres Hundes reflektieren.

Um nur einige weitere zu nennen:
– Ihr Hund fängt an, in der Wohnung Gegenstände anzunagen, obwohl er es vorher nicht getan hat. Während Sie überlegen, woher es kommt, fällt Ihnen ein, dass er genau damit angefangen hat, seit Sie Stress bei der Arbeit haben.
– Ihr Hund wirkt im Winter niedergeschlagen und schwer zu motivieren. Denken Sie mal nach: Sind sie auch eher „winterdepressiv“?
– Ihr Hund entfernt sich auf Spaziergängen plötzlich immer weiter von ihnen und scheint sich wenig an ihnen zu orientieren. Hängen Sie vielleicht gerade besonders ihren Gedanken nach? Oder sind Sie gerade mit sich selbst unzufrieden und mögen Sich momentan selbst nicht leiden?

Bei den genannten Beispielen ging es um situative Verhaltensangleichungen. Natürlich gibt es auch Verhaltensanpassungen, die „stabiler“ über einen längeren Zeitraum geschehen.

Ich kenne eine Frau, die als Mädchen sexuell missbraucht wurde und seitdem (verständlicherweise) ein Problem mit Männern, insbesondere fremden Männern, hat. Sie hat inzwischen den zweiten Hund, der bei Begegnungen mit Männern auf der Straße angespannt reagiert, in die Leine springt und sie anbellt. Zufall? Nein.
Wir übertragen eigene Grundmuster auf den Hund.

Wie kommt es dazu?
Diese Frau, nennen wir sie Frau Y, begegnet auf der Straße einem fremden Mann. Vielleicht ist es gerade auch noch dämmerig und sie ist mit ihrem Hund relativ allein auf der Straße. Sie verkrampft sich etwas, ihr Atem verändert sich, ihr Gang; sie hält sie Leine nur ein wenig fester, Stresshomone werden ausgeschüttet: All diese kleinen Veränderungen reichen, um dem Hund zu signalisieren: „Mit dem stimmt etwas nicht.“ Wenn dieses wieder und wieder passiert, generalisiert der Hund die Erfahrung und leitet daraus die „Regel“ ab: Männer sind gefährlich. Dieses geschieht automatisch und muss vom Besitzer gar nicht bewusst wahrgenommen werden.

Auch zu längerfristigen Verhaltensanpassungen gibt es zahlreiche Beispiele:
– Ihr Hund mag es nicht, von Fremden gestreichelt zu werden. Haben Sie selbst ein Problem mit distanzlosen Menschen?
– Oder freut sich ihr Hund über jeden anderen Hund und jeden Menschen? Wie sieht es mit Ihnen aus: Sind sie auch im Einklang mit der Welt und sich selbst?

Bei all dem, was an Verhaltensangleichung stattfindet, gilt es natürlich auch zu betrachten, dass man sich meist auch einen Hund aussucht, der zu einem passt. Einige Menschen reflektieren dieses bei ihrer Hundeauswahl, für andere ist es nur ein „Bauchgefühl“, das dazu führt, dass man sich einen Hund aussucht, der von seinem Charakter her dem Menschen ähnlich ist.

Es gibt allerdings auch genau das Gegenteil, nämlich, dass ein Hund Dinge auslebt, die sich sein Mensch selbst nicht zugesteht. Ein Halter, der selbst also ein regelrechtes „Arbeitstier“ ist und sich wenig Entspannung gönnt, kann also durchaus einen Hund haben, der sich wenig motivieren lässt und eher „faul“ ist – oder aber einen Vierbeiner, der die „Leichtigkeit des Seins“ genießt und gerne herumtobt.

Während dem Menschen sehr ähnliche Hunde so genannte „Spiegelhunde“ sind, weil sie den Charakter des Halters widerspiegeln, spricht man bei den Hunden, die ganz anders sind als ihr Mensch von „Schattenhunden“.

Fazit
Nicht bei allen Verhaltensweisen eines Hundes kann man automatisch Rückschlüsse auf den dazugehörigen Menschen ziehen. Natürlich ist und bleibt der Hund ein Individuum, das geprägt ist von genetischen Grundzügen und Vorerfahrungen. Letztere fallen insbesondere bei Tierschutzhunden bzw. Hunden, die zuvor bei anderen Haltern gelebt haben, ins Gewicht.
Dennoch ist es wichtig, wenn wir einen Hund betrachten und einschätzen (auch, bzw. insbesondere bei störenden Verhaltensweisen), dass wir den dazugehörigen Menschen im Blick haben. Deswegen ist es auch in der Arbeit mit Mensch-Hund-Teams wichtig, die Beziehung von Halter und Vierbeiner zu betrachten. Es kommt immer wieder vor, dass am Symptom beim Hund „herumgedoktert“ wird, obwohl die Ursache beim Menschen liegt. Dieses zu erkennen, ist unsere Pflicht, damit wir dem Hund gegenüber fair sind – und nachhaltig Verhaltensänderungen schaffen können.

Bei allem bleibt: Was für wunderbare Wesen unsere Hunde sind, denn sie geben uns die Chance, uns in ihnen zu erkennen – und uns so für sie zu einem besseren zu verändern.

(c) Johanna Pelz, www.miteinanderlernen.de
Alle Texte unterliegen meinem Copyright. Sie dürfen mit entsprechender Urheberrechtsangabe (Name und Webseite) gerne geteilt werden.

Kategorie(n): Allgemein