Vom Sehen und Übersehen, Wahrnehmen undInterpretieren

Die meisten Hundehalter sehen ihren Hund ständig an. Nicht zuletzt, weil ein jeder den schönsten Hunde der Welt – und damit natürlich Recht hat.
Trotzdem kann es sein, dass wir unseren Hund zwar ansehen, dabei aber viel übersehen.
Es gibt einen Unterschied zwischen dem, was wir sehen, dem, was wir tatsächlich wahrnehmen – und letztendlich dem, was wir aus dem Wahrgenommenen ziehen können.
Ich möchte es an einem Beispiel verdeutlichen:
Ich gehe mit meinem Hund durch den Wald.
Ich sehe, dass er vor mir läuft. Im nächsten Moment rennt er links in den Wald und ist außer Sichtweite.
Das war der Aspekt des Sehens. Wahrnehmen hingegen bedeutet (in diesem Kontext), tatsächlich zu erfassen, was ich sehe.
Hätte ich meinen Hund in dem, was er mir gezeigt hat, tatsächlich wahrgenommen, dann wäre mir aufgefallen, dass mein Hund sein Display verändert hat – entsprechend einen Moment innegehalten und seine Ohren und Rute aufgestellt hat, bevor er dann in hohem Tempo in den Wald verschwunden ist.
Wenn ich jetzt auch noch „hündisch“ gekonnt hätte, hätte ich das Verhalten interpretieren können.
Es wäre wie folgt abgelaufen: 
Ich sehe meinen Hund vor mir. Ich nehme wahr, dass sich sein Verhalten verändert, er kurz verharrt, Ohren und Rute erhebt und damit – nun folgt die Interpretation – seine Aufmerksamkeit ausrichtet, weil er passionierter Jäger ist und dort etwas Interessantes wahrgenommen hat.
Nicht nur Halter von jagdlich ambitionierten Hunden werden verstehen, warum dieses durchaus eine wichtige Erkenntnis ist. Gerade im jagdlichen Kontext ist Timing das A und O – und das bedeutet hier, dem Hund möglichst einen Schritt voraus zu sein.
Die Abfolge, bzw. die Unterschiede von Sehen, Wahrnehmen und Interpretieren lassen sich aber auch auf andere Beispiele anwenden.
Vielleicht habe ich einen Hund, der grundsätzlich einen kontrollierenden und maßregelnden Charakter hat, auch gegenüber Familienangehörigen.
Ich sehe, dass der Hund wechselnde Liegeplätze hat.
Ich nehme wahr, dass er häufiger auf dem Laminat in der Raummitte liegt, als auf seinem Körbchen.
Ich interpretiere (weil ich den Hund und sein Verhalten kenne), dass er diese bewusst auswählt, um die Dinge im Blick zu haben und Aufgaben zu übernehmen, denen er gar nicht gewachsen ist – also einen gewissen Status zu erproben bzw. aufzuzeigen.
Um die drei Schritte leisten zu können, braucht es verschiedene Kompetenzen. Nicht nur, dass ich mich selbst dazu anhalten muss, wahrzunehmen, ohne zu bewerten. Ich muss für den letzten Schritt (die Interpretation) kompetent genug sein, Hundeverhalten deuten zu können.
Bei all dem gehören die drei Aspekte unzertrennlich zusammen. Wenn ich nur (flüchtig) sehe, entgehen mir wichtige Informationen, die mir zum Deuten eines Verhaltens und somit zur Verhaltensveränderung, wenn notwendig, fehlen. Wenn ich vorschnell interpretiere, ohne vorher bewusst hinzuschauen, laufe ich Gefahr, falsche Schlüsse zu ziehen.
Daher gilt insbesondere, im Bereich der Verhaltensmodifikation:
Du solltest niemals vorschnell in die Interpretation verfallen, sondern einen flüchtigen Eindruck möglichst genau wahrnehmen, ohne zu bewerten, um dann im Abgleich mit dem sonstigen Wissen um den Hund die richtigen Schlüsse zu ziehen!

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Warum Leinenführigkeit viel mehr bedeutet, als dass der Hund nicht an der Leine zieht.

Früher hielt ich Leinenführigkeit für völlig überbewertet. Natürlich habe ich gedacht, dass es komfortabler ist, wenn ein Hund nicht zieht – aber als Ersthundehalterin eines 4-Kilo-Hundes erschloss sich mir dennoch nicht ganz die Relevanz des Themas – maximal dann, wenn die Kräfteverhältnisse von Hund und Halter nicht zusammenpassten.
Meine Einstellung dazu hat sich grundlegend geändert. Inzwischen halte ich Leinenführigkeit für ein sehr zentrales Thema – und das sowohl bei vier, als auch 40 Kilo Hund.
Genau genommen halte ich Leinenführigkeit für eins der Ursprungsthemen, wenn man problematisches Verhalten bearbeiten will.
Ich behaupte z.B., dass man nicht anfangen sollte, den Hund von spannenden Reizen abrufen zu wollen, so lange der Hund nicht leinenführig ist. Zwar kann man es versuchen, allerdings ist es u.U. nicht sonderlich erfolgsversprechend.
Aber was hat der Offline-Modus mit dem Spaziergang an der Leine zu tun?
Bei allen Themen, die ein Hund mitbringt und den Halter stören, sollte man sich fragen, wo der Anfang liegt. Und dieser findet sich oft beim Rausgehen (wenn nicht bereits im Häuslichen – aber das ist ein anderes Thema).
Bei den ersten Metern auf einem Spaziergang, die ja häufig an der Leine erfolgen, zeigt sich schon, welche Ausrichtung und Erwartungshaltung ein Hund hat. Ist er nur nach vorn ausgerichtet, hängt die Nase auf dem Boden, bestimmt der Hund das Tempo und u.U. auch die Richtung? Oder hat er seinen Halter im Blick, passt sein Tempo an und richtet seine Aufmerksamkeit auf seinen Menschen?
Für den weiteren Spaziergang macht es nämlich einen großen Unterschied, ob der Hund ein Konzept davon hat, dass das Rausgehen mit seinem Halter ein gemeinsames Happening ist, oder ob der Hund sich seine Beschäftigung allein sucht, der Mensch halt gerade zufällig auch dabei ist und ihm maximal bei der „Revierkontrolle“ den Rücken freihalten „darf“…
Leinenführigkeit ist die Basis von Orientierung – und daher ist es so wichtig, daran zu arbeiten.
Habe ich einen Hund, der weiß, dass ich der grundsätzlich führende Part bin, der ihm Orientierung gibt, erübrigen sich viele problematische Verhaltensweisen – übrigens gerade auch im Bereich „Angst und Unsicherheit“.
Natürlich gibt es Hunde, die nur deswegen ziehen, weil man ihnen noch nicht (auf eine für sie verständliche Art und Weise) gesagt hat, dass sie es nicht tun sollen.
Wenn ein Hund allerdings beim Abklinken der Leine bereits seine Ohren auf Durchzug stellt und auf 15 Meter Entfernung nicht mehr abrufbar ist, sollte ich einige Schritte zurück, wieder in den Nahbereich gehen. Denn nicht zuletzt erkennt man an der Leinenführigkeit, wer wen bewegt.

Johanna Peters, www.miteinanderlernen.de

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„Die innere Einstellung“ oder: „Was Lerngeschenke bewirken können“

Wie häufig liest man von der inneren Einstellung und wie wichtig sie im Umgang mit dem Hund ist.
Da kommen schlaue Hundetrainer und sagen: „Achte auf Deine innere Einstellung, dann klappt es auch mit Deinem Hund besser.“ oder „Sei souverän, Dein Hund merkt Deine Unsicherheit.“

Und dann soll man möglichst optimistisch sein, dass die nächste Hundebegegnung bestimmt gut verläuft, obwohl der eigene Fiffi seit drei Jahren an der Leine pöbelt, einem dabei fast den Arm auskugelt und man deshalb schon beim Anblick eines anderen Hundes Schweißausbrüche bekommt.
Natürlich weiß ein jeder, wie wichtig die innere Einstellung ist und dass sich Gelassenheit positiv auf das Hundeverhalten auswirkt – aber leider kann man seine Einstellung noch nicht per Knopfdruck ändern. Wenn man seit Jahren unangenehme Erfahrungen gemacht hat, lassen diese sich nicht einfach so wegradieren. So werden automatisch Emotionen und Körperreaktionen aktiv, die man nicht einfach verhindern oder unterbrechen kann.

Nun steckt aber natürlich Wahrheit in der Aussage, dass die innere Einstellung wichtig ist. Natürlich ist sie kein Allheilmittel à la: „Ich bin ganz entspannt und prompt hat mein Hund kein Thema mehr mit Artgenossen.“, aber ich kann generell souveräner und überlegter agieren, wenn ich innerlich ruhig bin. Durch souveränes Handeln kann ich natürlich auch meinen Hund besser beeindrucken – denn so nimmt er mir mit eher ab, dass er keine Entscheidungen alleine treffen muss und mir folgen kann, als ich wenn ich mit zittrigen Knien, kontinuierlich auf ihn einredend, durch den Wald stolpere.

Aber, wie kann man souveräner und gelassener werden, um dieses auf seinen Hund zu übertragen?

Das erste, was Du brauchst, ist geeignetes Handwerkszeug, sprich, Trainingsmethoden, mit denen Du das Verhalten in eine andere, erwünschte Richtung lenken kannst. Dabei solltest Du bedenken: Wenn ein Trainingsweg über einen langen Zeitraum nicht erfolgreich ist, dann ist es wahrscheinlich der falsche. Statt also immer das Gleiche zu tun – probiere etwas anderes!
Hier kann es sinnvoll bzw. notwendig sein, einen Hundetrainer/eine Hundetrainerin hinzuzunehmen.

Hast Du neues Handwerkszeug an der Hand, kommt das noch Entscheidendere:
Geh’ den Situationen, die Dir unangenehm waren (z.B. Hundebegegnungen) nicht mehr aus dem Weg! Fürchte Dich nicht vor diesen Momenten, sondern sieh’ sie als Chance an. Du hast neue Trainingsmethoden an der Hand, die Du ausprobieren kannst – toll, dass sich endlich eine Möglichkeit eröffnet! Je öfter Du mit Deinem Hund erfolgreich diese Situationen meisterst, desto schneller wird sich das problematische Verhalten Deines Hundes ändern und Ihr werdet wieder mehr Freude am gemeinsamen Spaziergang haben.
Du bewertest also die Situation neu, siehst sie nicht mehr als bedrohlich, sondern suchst sie stattdessen auf! Damit kannst Du Ängste ablegen und sicherer werden. Du hast nichts zu verlieren – das Schlimmste, was passieren kann, ist, dass die Methoden nicht funktionieren. Aber selbst das ist eine Lernerfahrung, worüber sich die Möglichkeit eröffnet, etwas Neues auszuprobieren. Bestenfalls stellst Du fest, dass die neue Herangehensweise erfolgreich ist – was Du nie erfahren würdest, würdest Du die Situation weiter meiden…

Wenn also der nächste fremde Hund um die Ecke kommt, laufe nicht mit Deinem Hund weg. Stelle Dich der Konfrontation und freue Dich über das Lerngeschenk, das Ihr beide bekommt.
Und diese Einstellung, und die Konsequenzen, die sich daraus für Dein Handeln ergeben, die wirken sich mit Sicherheit positiv auf Deinen Hund, Dich und Eure gemeinsame Beziehung aus…

(c) Johanna Pelz, www.miteinanderlernen.de

Kategorie(n): Allgemein, Führung

Was sich Hunde zu sagen haben…

…. und warum es nicht immer nett sein muss.

Hunde haben sich etwas zu sagen. Jede Menge sogar. Und das ist nicht immer nett.
Warum sollte es auch?
Als wären wir immer (gern) nett. Es gibt Menschen, die wir einfach nicht ausstehen können. Die wir sehen und sofort ballen wir die Faust in der Tasche. Oder es rutscht uns ein schnippischer Spruch heraus.
Manchmal haben wir einfach einen schlechten Tag und sind genervt. Dann muss uns nur jemand die Vorfahrt nehmen und wir lassen unserem Ärger lautstark freien Lauf.

Warum sollte es bei Hunden anders sein?
Nicht jeder Hund mag alle Artgenossen. So unterschiedlich Menschen sind im Hinblick darauf, ob sie sich gern mit einer Horde anderer umgeben, oder eher zurückgezogen leben, so verschieden sind auch Hunde.
Nur anders als ein Mensch kann ein Hund nicht immer selbst über Nähe & Distanz bestimmen.
Wenn zwei Hunde z.B. an der Leine nah aneinander vorbei geführt werden (oder gar zusammen gelassen werden), dann bleibt ihnen u.U. nicht viel übrig, als lautstark „Bescheid“ zu geben, dass sie keine Lust auf einander haben – denn das Weite suchen können sie aufgrund der Leine nicht.

Wenn ein aufgedrehter Labrador frontal auf Nachbars gestandenen Schäferhund-Rüden zurast, um direkt eine Anal-Genital-Kontrolle durchzuführen, findet dieser das vielleicht etwas unhöflich – und zeigt das auch kurzzeitig.

Manchmal trifft ein frecher Jungspund auf einen souveränen Althund, der kein Interesse an ausgedehntem Maulwinkel-Lecken oder sonstigem „Anschleimen“ hat. Dann wird es vielleicht mal kurz laut und geht halt etwas ruppig zu.
Die meisten Hunde können mit so einer Abfuhr ganz gut umgehen. Jungspunden tut diese Form der Erziehung tatsächlich oft ganz gut (sofern sie angemessen ist). Der dazugehörige Mensch ist es, dem das Herz kurz stehen bleibt.

Eine geschätzte Kollegin hat ein Seminar mit dem Titel „Aggression ist auch nur Kommunikation“. Der Titel ist wunderbar treffend. Aggressive Kommunikation gehört zur hündischen Kommunikation – ebenso wie zu unserer. Sie sollte nicht gefürchtet werden, weil sie tatsächlich dazu dient, ernsthafte Konflikte zu vermeiden!

Versucht man Hunden zu verbieten, aggressiv zu kommunizieren, beschneidet man sie einerseits eines Teils ihrer natürlichen Kommunikation. Tatsächlich kann man damit übrigens auch dazu beitragen, dass der eigene Hund demnächst auf der Eskalationsleiter einige Stufen überspringt und direkt ernsthaft beschädigt – weil ihm verboten wurde, vorher mit Knurren/Abschnappen etc. anzuzeigen, dass er Distanz will.

Ein Hund hat ein Recht darauf, einem anderen auch mal die Meinung zu sagen, wenn es angemessen und nicht völlig überzogen ist. Insbesondere, wenn der andere etwas daraus lernen kann.
Wir sind es, denen es schwer fällt, das auszuhalten. Weil wir uns um unseren Hund sorgen, oder um den anderen, in der Angst, dass möglicherweise etwas passieren könnte. Oder weil wir uns um unseren Ruf sorgen – nachher sind wir die mit dem „aggressiven Hund“. Und was würde das über uns aussagen? Damit ist man gesellschaftlich ja stigmatisiert. So, als wäre es die eigene Schuld, dass der Hund „so“ geworden ist.

Nein – Hunde als Spiegel unserer selbst sollen möglichst gut hörend & angepasst sein – und immer schön allen freundlich „Hallo“ sagen. Das wollen wir von unseren Hunden, so wie von unseren Kindern. So sind schon wir erzogen worden.
Dabei sollten wir so fair sein und mal überlegen, wann wir das letzte Mal aggressiv kommuniziert haben – und wie gut es uns unter Umständen auch getan hat.
Dieses Recht sollten wir unseren Hunden auch zugestehen – denn wieso sollten wir von ihnen etwas verlangen, das wir selbst nicht leisten können?

Aggression (in angemessenem Umfang!) hat seine Berechtigung. Sie dient dem Überleben – und dem inneren Gleichgewicht. Wer immer nur „nett“ sein muss, erkrankt daran oder reagiert irgendwann völlig überzogen.
Das gilt für Mensch wie für Hund.

(c) Johanna Pelz, www.miteinanderlernen.de
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Kategorie(n): Allgemein

Die Suche nach dem richtigen Knopf

Denkanstoß: „Die Suche nach dem richtigen Knopf“

Ach, was wäre das Leben schön, wenn wir unsere Probleme mit einem Knopfdruck lösen könnten, oder? Es wäre so einfach. Einmal drücken – Problem erledigt.
Auch im Leben mit unseren Vierbeinern wäre das wünschenswert:
Dein Hund jagt? – Drücke hier auf diesen roten Knopf und Dein Vierbeiner ignoriert ab jetzt jeden Hasen.
Dein Hund pöbelt Artgenossen an? – Nachdem Du diesen grünen Knopf gedrückt hast, freut er sich über jeden Hundekumpel zum Spielen.
Ach ja – was wäre das nett.
Aber wie heißt es so schön? „Wir sind nicht bei „Was wäre wenn…“, sondern bei „So ist es.“ –
und so ist leider die bittere Wahrheit: Es gibt diesen Knopf nicht.

Wenn der eigene Hund ein unerwünschtes Verhalten zeigt, dann bedeutet das meist, dass man Arbeit investieren muss, um dieses Verhalten nachhaltig zu verändern.
Insbesondere, wenn sich dieses Verhalten schon über einige Zeit eingeschliffen hat.
Es hilft kein Jammern, und auch kein „von Trainer zu Trainer“-Laufen – eine schnelle Lösung gibt es (fast) nie.
Sollte Euch eine prompte Lösung angeboten werden, so solltet Ihr kritisch hinterfragen, ob die angewandte Trainingsmethode wirklich das Verhalten nachhaltig verändert – oder nur einen „Deckel“ auf den Topf hält. Denn es könnte sein, dass der Deckel nur so lange funktioniert, bis der Topfinhalt überkocht…sprich: Wird ein Verhalten nur unterdrückt, wird es sich u.U. woanders einen Weg suchen, und das Problem wird sich nur verschieben.
Oder aber, ein sensibler Hund wird so in ein Meideverhalten gebracht, dass er nur noch gedeckelt durch die Gegend läuft – und das wird wohl (hoffentlich) niemand wollen, der seinen Hund als Sozialpartner sieht.

Aber wir sollten nicht enttäuscht sein über die Perspektive, dass eine Verhaltensveränderung Zeit braucht und gemeinsame Arbeit bedeutet.
Jede (!) Beziehung funktioniert nur (!) so.
Es wird ab dem Zeitpunkt viel leichter, wo wir uns klarmachen, dass eine Beziehung (auch zu einem Hund) im stetigen Wandel ist. Dass es nie „einfach so“ von Zauberhand klappt. Dass das aber auch nicht schlimm ist.
Unsere Hunde sind doch unsere Freunde, unser Hobby, für viele noch mehr als das, nämlich eine „Lebenseinstellung“ – da ist es doch das Mindeste, dass wir in sie Zeit investieren, um uns gemeinsam weiterzuentwickeln. Und wie schön und befriedigend ist es, wenn wir sehen, dass sich diese Mühe auszahlt – darin, dass gemeinsame Spaziergänge mehr Spaß machen, man mehr entspannen kann, der Hund freudig bei einem bleibt, und freudig zurück kommt – mit einem regelrechten Lächeln auf den Lefzen.

Den Knopfdruck zum „erwünschten Programm“ lassen wir dann schön abends beim Fernseher.

(c) Johanna Pelz, www.miteinanderlernen.de
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Kategorie(n): Allgemein, Führung, Training

Jagenden kann geholfen werden – Teil 3

Im 3. Teil unserer Jagd – Artikelreihe geht es darum, warum Hunde beim Jagen einen regelrechten (Hormon)Kick erleben, was das für den Aufbau von alternativen Beschäftigungsmöglichkeiten heißt, welche Beschäftigungen NICHT geeignet sind, und welche Unterschiede und auch Zusammenhänge zwischen Jagen und Aggression bestehen.

Im Rausch – Von der Sucht nach Dop(e)amin

Wenn ein Hund jagt, wird ein Cocktail chemischer Botenstoffe / Hormone ausgeschüttet, der extrem selbstbelohnend wirkt und unter bestimmten Bedingungen sogar süchtig machen kann.
Die wichtigsten Beteiligten sind das Adrenalin, Noradrenalin und das Dopamin.

Diese Hormonmischung hat es „in sich“. Sie macht den Hund besonders leistungsfähig und sorgt für eine Fokussierung auf die Beute. Sie mobilisiert die vorhandenen körperlichen Reserven. Der Herzschlag wird erhöht, die Atmung beschleunigt und die Leber wird angeregt, zusätzliche Zuckerreserven freizusetzen. Gleichzeitig wird der Hund schmerzunempfindlicher. Der Sauerstoffaustausch wird zusätzlich zur beschleunigten Atemfrequenz optimiert.
Adrenalin hat eine Halbwertzeit von ca. 20 Minuten, was bedeutet, dass nach 20 Minuten noch die Hälfte vorhanden ist, nach weiteren 20 Minuten noch ein Viertel, nach weiteren 20 Min noch ein Achtel, usw. Der vollständige Abbau auf einen normalen Wert dauert also dementsprechend lange.

Das Dopamin ist ein körpereigenes Opiat und sorgt vornehmlich für eine sehr effiziente Selbstbelohnung. Unter Dopamineinfluss empfinden Hunde ein extremes Glücksgefühl, das sie gerne immer wieder erleben möchten. Es wird also wahrscheinlicher, beim nächsten auslösenden Reiz Jagdverhalten zu zeigen, weil sich der Organismus daran „erinnert“, welch tolles Gefühl das Jagen / Hetzen die Male davor erzeugt hat. Es hat eine kurze Halbwertszeit (1-5 min) und wird unter anderem zu Adrenalin abgebaut.

Ursprünglich war das Ausschütten dieses leistungssteigernden und selbstbelohnenden Hormoncocktails während der Jagd sehr wichtig . Die Natur hat damit für zwei grundsätzliche Dinge gesorgt:

1.) Wiederholung trotz Misserfolg. Normalerweise unterliegen Verhaltensweisen, die für ein Individuum nicht zum Erfolg führen, also keinen Vorteil bringen, einer Löschung. Sie werden immer weniger oft wiederholt, bis sie evtl. gar nicht mehr gezeigt werden. Da davon auszugehen ist, dass eine begonnene Jagd nicht immer zum Erfolg führt, der Beutegreifer aber auch nicht verhungern darf, hat die Evolution ihn mit dem oben beschriebenen dopaminbasierten Selbstbelohnungssystem ausgestattet. Besonders eine am Anfang der Verhaltenskette „Beutefangverhalten“ stehende Handlung ist davon „betroffen“, nämlich das Hetzen. Somit ist garantiert, dass die Handlung des Hetzens trotz Entkommens der Beute immer wieder gezeigt wird.
2.) Der hündische Organismus ist extrem leistungsfähig. Er mobilisiert alle vorhandenen Leistungsreserven. Die herabgesetzte Schmerzempfindlichkeit lässt den Hund während des Jagens entstehende Verletzungen nicht spüren, geschweige denn, die Jagd deswegen zu unterbrechen. Dies hilft ihm, Hindernisse wie Dornenhecken und dichtes Unterholz einfach zu durchlaufen. Bei der Jagd eingesetzte Terrier werden regelmäßig von Wildschweinen schwer verletzt, erfüllen aber trotzdem „ihre Pflicht“, bis sie eingesammelt und wieder zusammengeflickt werden. (Ich möchte betonen, dass ich solche Jagdeinsätze nicht befürworte, doch sie sind beispielhaft für den von Rausch und von Schmerzunempfindlichkeit beherrschten Zustand, in dem sich jagende Hunde befinden.)

Wenn man sich diesen Zustand vor Augen führt, wird klar, warum ein jagender Hund mit akzeptablen Mitteln nicht mehr erreicht werden kann, und dass ein sinnvolles „Antijagdtraining“ nicht darauf ausgelegt sein darf, einen jagenden Hund in seinem Tun zu unterbrechen, sondern darauf, dass er gar nicht erst jagen geht. Prävention ist hier das Zauberwort.

So viel Sinn das Ausschütten dieses beschriebenen Cocktails nebst all seiner Eigenschaften für den wild lebenden Caniden macht, so viele Probleme bereitet es Haltern von Hunden, deren Talente im Beutefangverhalten liegen. Dabei geht es nicht nur um jene Vierbeiner, die in der Natur Beutetieren nachstellen, sondern auch um die, die alle möglichen Objekte verfolgen, sobald sie sich bewegen.
Die hocheffiziente Selbstbelohnung des Hetzens ist für viele hündische Verhaltensweisen verantwortlich, mit denen nicht nur unsere menschliche Gesellschaft Probleme hat, sondern auch der Hund selbst. Sie macht es erst möglich, dass Hunde zu sogenannten Balljunkies werden können.

Bei Hunden, die Tag für Tag damit beschäftigt werden, dass ihnen immer wieder Bälle, Frisbees, Stöckchen oder andere Objekte geworfen werden, denen sie dann unreflektiert nachjagen, sorgt die Selbstbelohnung des Hetzens dafür, dass sie früher oder später eine Sucht danach entwickeln. Sie haben nichts anderes mehr im Sinn, als ihr Wurfobjekt. Ihnen ist egal, wer es wirft, Hauptsache, es fliegt, denn der Kick, den sie dabei erleben, findet weit weg vom werfenden Menschen statt. Somit wird das berauschende Glücksgefühl noch nicht einmal mit dem dem Halter positiv in Verbindung gebracht. Der Mensch wird zur anonymen Wurfmaschine seines Hundes.

Abgesehen davon, dass solche Balljunkies mit einem stetig erhöhten Stresshormonlevel klarkommen müssen, birgt das immer wieder künstlich durch unwissende Hundehalter ausgelöste Hetzen weitere Gefahren.
Es kann eine Generalisierung in der Form stattfinden, dass zum eh schon falsch gelernten Beuteobjekt „Ball“, andere sich bewegende Dinge hinzukommen. Das kann soweit gehen, dass Hunde im Angesicht einer weit entfernten Autobahn wild kläffend in der Leine hängen, weil sie die dort fahrenden Autos verfolgen wollen.
Wirklich tragisch wird es, wenn Balljunkies auf Hundefreilaufflächen mit ihren Suchtobjekten „beschäftigt“ werden. Dort kann es zu schlimmen Unfällen durch fehlgeleitetes Beutefangverhalten kommen, wenn die schon genannte Reizsummenregel greift. Diese besagt nämlich, dass ein jagdlich relevanter Reiz umso interessanter wird, je mehr jagdauslösende Eigenschaften er in sich vereint.
Ein (großer) Hund, der seinem Ball nachjagt, wird genau dann vor eine Entscheidung gestellt, wenn dieser Ball neben einem (kleinen) weißen Hund mit Strubbelfell landet. Sein Gehirn entscheidet in Sekundenbruchteilen, welchem Reiz zu entsprechen jagdlich erfolgversprechender ist. Es entscheidet, ob es sinnvoller ist, einen neongrünen Ball zu packen, oder ein puscheliges Fellbündel, das sich auch schnell bewegt und vielleicht sogar hohe Töne von sich gibt.
Diese oft fatale Entscheidung kann der Hund nicht willentlich beeinflussen, und sie kann schnell mit dem Tod eines kleinen Lebewesens enden.
Selbst Menschen können von Hunden verletzt werden, die fehlgeleitetes Beutefangverhalten zeigen. Dabei handelt es sich oft um Kinder, die zufällig mit ähnlichen Objekten spielen, mit denen der Hund normalerweise seine Hetzleidenschaft befriedigt. Zunächst wird vom Hund das Objekt (meistens ein Ball) anvisiert, worauf er losrennt. Ein Kind, was einen Hund auf sich zurechnen sieht reagiert naturgemäß mit Flucht. Fällt das flüchtende Kind nun noch hin und / oder schreit dabei auf, passiert unter Umständen etwas ähnliches, was ich schon beim Beispiel mit dem kleinen puscheligen Hund beschrieben habe.
Genau einem solchen Fall haben wir unsere (unsinnigen) Hundeverordnungen zu verdanken – aber das ist ein anderes Thema.

Die Quintessenz ist, dass besonders Hunde mit Jagdmotivation NICHT mit dem Werfen von Bällen, Stöckchen, Frisbees, oder anderen Objekten beschäftigt werden sollten. Auch Hunden, die offensichtlich keine jagdlichen Ambitionen haben, kann über solches Hetzen das Jagen schmackhaft gemacht werden. Es gibt genug andere spannende Beschäftigungsmodelle, die sehr viel Spaß machen, den Hund auf sinnvolle Art und Weise auslasten und nicht zu fehlgeleitetem oder übersteigertem Beutefangverhalten führen. Dazu gleich mehr.

Im Folgenden möchte ich kurz auf die Unterschiede und Zusammenhänge zwischen Jagd- und Aggressionsverhalten zu sprechen kommen.
Grundsätzlich hat Jagdverhalten und Aggressionsverhalten nichts miteinander zu tun. Beides gehört zu einem eigenen Funktionskreis und wird in jeweils anderen Teilen des Gehirns abgehandelt.
Zum Aggessionsverhalten, das normalerweise eine Distanzvergrößerung zum Ziel hat, gehört in den meisten Fällen auch vorheriges Drohen, das eine Eskalation verhindern soll. Es wird also kommuniziert.
Beim Jagdverhalten dagegen soll keine Distanz geschaffen werden, sondern es ist darauf ausgelegt, die Distanz zur Beute möglichst schnell und effektiv zu verringern. Es findet also generell keine Kommunikation mit der Beute statt, sie wird möglichst schnell eingeholt, gepackt und getötet.
Trotz dieser verschiedenen Klassifizierungen von Jagd- und Aggressionsverhalten gibt es gewisse Überschneidungen. Oft spricht man hier von „Beuteaggression“.
Beuteaggression wird dann gezeigt, wenn Beute sich gegen den jagenden Hund stellt, und sich wehrt. Die Beuteaggression ist vor allem bei Jagdhunden züchterisch hervorgehoben worden, bei denen davon auszugehen ist, dass sie auf wehrhafte Beute treffen und sich gegen sie behaupten müssen.
Dackel und kleine Terrier, die sich in dunklen Höhlen und Gängen mit Füchsen oder Dachsen konfrontiert sehen, sollen sich dort genauso zur Wehr setzen, wie jene, die von einer gestellten Wildsau angegriffen werden.
Führende Verhaltensbiologen gehen davon aus, dass ein solches vermischtes Verhalten aus dem sogenannten „Interferenzwettbewerb“ entstanden ist. Dabei geht es nicht direkt um das Jagen von Beute, sondern um das Jagen und Töten von anderen im Revier vorhandenen Nahrungskonkurrenten. So machen Wölfe z.B. Jagd auf Kojoten oder andere Beutegreifer, die ihnen in kargen Zeiten ihre Nahrung streitig machen.

Dieser Teil der Jagdartikelreihe schließt mit einer Erkenntnis, die sich daraus ableiten lässt, wie das Selbstbelohnungssystem beim Jagen arbeitet – und zwar im Bezug auf sinnvolles „Antijagdtraining“.
Ein „Antijagdtraining“ sollte immer aus einem Maßnahmenpaket bestehen, das nicht nur am Symptom der Jagdhandlung selbst ansetzt, sondern umfassender greift.
Dazu gehört auch das Etablieren sogenannter Jagdersatzhandlungen.
Jagdersatzhandlungen bieten dem Hund die Möglichkeit, sein Talent kontrolliert und idealerweise mit seinem Menschen zusammen auszuleben. Sie sind Alternativen zur „echten“ Jagd, und wirken sogar beziehungsfördernd, wenn sie als Teamwork im Mensch-Hund-Team aufgebaut werden.
Der Bezug zum Selbstbelohnungssystem des Jagens ist der, dass ein Jagdersatzverhalten für den Hund eine ähnliche Dopaminausschüttung hervorrufen muss, wie beim wirklichen Jagen, denn sonst wird man einen jagenden Hund kaum davon überzeugen können, es als gleichwertige Alternative anzunehmen.
Tatsächlich ist es möglich, z.B. Über Fährten-, Dummy- oder sonstige Nasenarbeit (Zielobjektsuche bietet sich auch an) eine hohe Ausschüttung von Glückshormonen zu erreichen. Sorgt man neben dem Aufbau eines solchen Teamworks dafür, dass wirkliches Jagen nicht mehr stattfindet, tritt das eigenständig im Wald gezeigte Beutefangverhalten immer weiter in den Hintergrund, und das Jagdersatzverhalten wird immer wichtiger.
Weitere Tipps zum Antijagdtraining gibt es in einem späteren Teil der Blogartikelreihe über das Jagen.

Im nächsten Teil unserer Blogartikelreihe über das hündische Jagdverhalten wird es darum gehen, wie wichtig die Lernkomponente beim Jagen ist, an welcher Stelle Lernen das Jagdverhalten beeinflusst (wie entsteht Jagdpassion), und natürlich wieder, wie dies beim Antijagdtraining genutzt werden kann.

(c) Lennart Peters, www.miteinanderlernen.de
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Kategorie(n): Allgemein, Jagen, Training

Jagenden kann geholfen werden – Teil 2

The inner circle – Von der Suche nach dem auslösenden Reiz bis zur Endhandlung.

Im zweiten Teil meiner Artikelreihe über das Jagdverhalten soll es darum gehen, wie es ausgelöst wird, welche Verhaltensweisen dazugehören, und an welcher Stelle man den Hund noch erreichen – also unterbrechend und erzieherisch einwirken kann.

Hunde, die schon in irgendeiner Form gejagt haben – sei es wirklich Wild, oder auch andere bewegliche Objekte wie fliegende Bälle, Autos, Fahrräder, usw. (auch das ist Jagdverhalten), zeigen oft schon eine Erwartungshaltung, wenn sie in an die Orte kommen, an denen das Jagen stattgefunden hat.
Dies kann der Wald sein, im schlimmsten Fall schon alles, was hinter der Wohnungstür liegt. Diese Erwartungshaltung zeichnet sich dadurch aus, dass der Hund die Umgebung sehr aufmerksam „scannt“, außenorientiert ist und versucht über alle vorhandenen Sinnesorgane (Ohren, Nase, Augen) etwas zu finden, was gejagt werden kann.
Solches Verhalten nennt man „ungerichtete Appetenz“, die Suche nach dem auslösenden Reiz – und schon hier beginnt Beutefangverhalten.
In diesem Stadium des Jagens kann man den Hund noch erreichen. Als Halter eines jagenden Hundes tut man also gut daran, ihn „lesen“ zu lernen, und damit schon solches Appetenzverhalten zu erkennen. Wurden vorher bestimmte Grundlagen geschaffen, kann man diese nutzen, um die Appetenz zu unterbrechen, und damit das unter Umständen darauf folgende Jagen zu verhindern. (Welche das sind, wird später noch zur Sprache kommen).

Wie aber muss ein Reiz beschaffen sein, damit er Jagdverhalten auslöst?
Ein solcher Reiz vereint meistens eine Kombination aus verschiedenen Dingen. Relevante Eigenschaften sind:

  • Bewegung (Bewegungsrichtung und –geschwindigkeit)
  • Gestalt / Größe-(Körper)temperatur

Geruch ist natürlich auch ein Jagdauslöser, unterliegt aber einer starken Lernkomponente (welche Gerüche sind jagdlich interessant, welche nicht?), wobei die anderen genannten Auslöser angeboren sind.
Dabei gilt: Je mehr passende Einzelkomponenten zusammenkommen, desto heftiger fällt die „Reizantwort“ (die Vehemenz des Jagens) aus (Reizsummation / Reizsummenregel). Wie wichtig und beachtenswert diese Regel ist, wird später noch erläutert werden.
Auch eine der Komponenten allein kann unter Umständen schon ausreichen, um eine Jagdsequenz auszulösen. Die Heftigkeit der hündischen Reaktion wird von der Qualität des auslösenden Reizes bestimmt.
Es ist biologisch übrigens nicht richtig, von JagdTRIEB zu sprechen, denn dann dürften NUR innere Antriebe des Hundes dafür verantwortlich sein, um Jagen auszulösen. Da aber immer auch „äußere“ Faktoren mitspielen, handelt es sich nicht um einen „Trieb“. „Handlungsbereitschaft“, „Jagdverhalten“ oder „Jagdmotivation“ wären richtigere Bezeichnungen.
Hat der Hund einen jagdauslösenden Reiz erst einmal wahrgenommen, beginnt er, eine Verhaltenskette abzuspulen, die genetisch festgelegt, also angeboren, ist, und einmal in Gang gesetzt nicht so leicht unterbrochen werden kann. Von außen auf den Hund wirkende Faktoren, die nichts mit der gerade stattfindenden Jagd zu tun haben, werden ab jetzt ausgeblendet.
Dieser sogenannte „Funktionskreis des Beutefangverhaltens“ besteht aus folgenden Einzelkomponenten:

Ungerichtete Appetenz
(Suche nach dem auslösenden Reiz)

Gerichtete Appetenz
(Taxis = Ausrichten auf den Beutereiz)

Gerichtetes Annähern
(Hund rennt los)

Zupacken

Töten

Fressen

Es müssen nicht zwangsläufig alle Komponenten dieser Kette gezeigt werden (bei vielen Rassen sind nur bestimmte Komponenten des Jagdverhaltens züchterisch hervorgehoben worden).

Das ungerichtete Appetenzverhalten wird generell ohne das Wahrnehmen eines Außenreizes gezeigt. Beim Wolf ist Hunger der Auslöser dafür, Haushunde zeigen es auch, ohne Hunger zu verspüren. Trotzdem sorgen gerade beim Hund Lernerfahrungen dafür, dass an bestimmten Orten diese Suche nach dem auslösenden Reiz in erhöhtem Maße gezeigt wird, nämlich da, wo er schon gejagt, und den damit verbundenen „Hormonkick“ erlebt hat.
Je weiter sich der Hund in der Handlungskette befindet, desto wichtiger werden ganz bestimmte äußere Reize (vom flüchtenden Beutetier ausgehend), um das nächste Element zu starten.

Befindet sich der Hund erst einmal im „gerichteten Annähern“, ist also losgelaufen, wird es schwierig bis unmöglich, ihn noch mit akzeptablen Mitteln zu erreichen. Ab hier bewegt er sich im schon in Teil 1 beschriebenen „Tunnel“, der alle nicht zum Verfolgen der Beute relevanten Sinneskanäle quasi „abschaltet“.
Das heißt wiederum im Umkehrschluss, dass die „gerichtete Appetenz“ die letzte Sequenz der Kette des Jagdverhaltens ist, in der noch auf den Hund zumindest hypothetisch eingewirkt werden kann, um das Jagen zu unterbrechen. Hypothetisch deswegen, weil sie sehr kurz sein kann – manchmal nur Bruchteile von Sekunden.

Realistisch gesehen ist also das Einwirken schon während der ersten Sequenz der Beutefangkette (der Suche nach dem auslösenden Reiz) das Mittel der Wahl!!

Zum Schluss des zweiten Teils meiner Jagdartikelreihe möchte ich noch auf die zwei unterschiedlichen Hundetypen zu sprechen kommen, die man unabhängig von angeborenen Rasseeigenschaften unterscheidet, wenn man von Jagdverhalten spricht – die „echten“ Jäger und die „Pseudo“ – Jäger.
„Echte“ Jäger machen keine Gefangenen. Ihnen kommt es auf die Endhandlung an, sie haben also das Bestreben, ihre Beute wirklich zu packen und zu töten. Sie jagen sehr ernsthaft, und fangen nach dem Töten auch an zu fressen, oder bringen die getötete Beute zum Halter. Besonders Hunde aus dem Tierschutz, die sich schon allein „durchschlagen“ mussten, können ernsthafte Jäger sein, denn das Jagen gehörte bei ihnen zum Nahrungserwerb. Genauso kann sich eine solche Ernsthaftigkeit durch frühen Beuteerfolg einstellen. „Echte“ Jäger sind nur schwer davon zu überzeugen, dass es Alternativen zum Jagen gibt. Es ist oft schwierig, mit ihnen ein „Anti“ – Jagdtraining zu gestalten, denn dazu ist es hilfreich, Beutefangverhalten „künstlich“ auszulösen (Reizangel, Hasenzugmaschine, oä.).
Sie erkennen oft aber sehr zuverlässig, dass es sich nicht um erlegbare Beute handelt und jagen sie deshalb gar nicht erst.

Die jedoch einmal in Gang gesetzte Kette des Beutefangverhaltens zu unterbrechen, ist bei diesen ernsthaften Jägern eine große Herausforderung – auch wenn der Hund sich noch in den ersten Sequenzen befindet.
Es macht trotzdem Sinn, auch bei „echten“ Jägern daran zu arbeiten, Beutefangverhalten zu kontrollieren und zumindest zu minimieren, denn auch wenn die Erfolgschancen geringer sind, als bei den „Pseudo“ – Jägern, so sind sie doch vorhanden.

Damit wären wir bei den sogenannten „Pseudo“ – Jägern. Ihnen kommt es weniger auf die Endhandlung an, sondern mehr auf das Hetzen sich bewegender Objekte. Es ist ihnen meistens nicht so wichtig, wem oder was sie hinterherlaufen – da sind sie sehr variabel. Sogar Autos oder LKW können von ihnen als auslösende Reize bewertet werden, und das Hetzen auslösen. Ist man mit einem Hund dieser Kategorie gesegnet, kann man sich glücklich schätzen, denn es bestehen sehr gute Erfolgschancen, ein nachhaltig wirkendes „Anti“ – Jagdtraining mit ihm durchzuführen.

Warum dies so ist, möchte ich unter anderem in Teil 3 meiner Jagdartikelreihe beschreiben.
Darin soll es darum gehen, welche tragende Rolle bestimmte Hormone beim Jagen spielen, was das für den Aufbau von alternativem Jagdersatzverhalten heißt, und welche Unterschiede und auch Zusammenhänge zwischen Jagen und Aggression bestehen.

(c) Lennart Peters, www.miteinanderlernen.de
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Kategorie(n): Allgemein, Jagen, Training

Jagenden kann geholfen werden – Teil 1

Fast alle Halter von jagenden Hunden kennen sie – die bangen Minuten, wenn die liebe Fellnase mal wieder im Wald verschwunden ist.
Warum musste dieser blöde Hase auch genau hier und jetzt über den Weg flitzen – da kann ja wirklich KEIN Hund widerstehen! 
Na ja – bis jetzt ist er ja immer zurückgekommen…
Irgendwann purzelt der kleine Jäger mit einem breiten Grinsen auf den Lefzen wieder aus dem Gebüsch und die Zufriedenheit, den Spaziergang mit dieser kleinen Jagdsequenz beendet zu haben, ist ihm deutlich anzusehen.

Solche oder ähnliche Geschehnisse spielen sich tagtäglich viele Male dort ab, wo Menschen mit ihren Hunden unterwegs sind. Darüber hinaus gibt es einige andere immer wiederkehrende Probleme mit Hunden, die sich mit (fehlgeleitetem) Beutefangverhalten begründen lassen.
Weil das Jagdverhalten unserer besten Freunde nicht nur dafür sorgen kann, dass sich kleine kuschelige Fellbündel scheinbar in einem Blutrausch verlieren, sondern auch vielen Hundebesitzern die Nerven raubt, habe ich mich entschlossen, darüber eine kleine Blogartikelreihe zu schreiben. Sie soll helfen, solches Verhalten zu verstehen, einzuordnen und zumindest Ideen geben, wie man darauf reagieren kann.
Los geht es mit Teil 1: 
Tief verwurzelt – warum jagt ein Hund eigentlich?
Ein Hund sieht eine vermeintliche Beute, läuft ihr hinterher, und versucht sie zu bekommen. Auf den ersten Blick ganz logisch… oder?
 Die wenigsten Hunde müssen jagen, um satt zu werden. Futter steht normalerweise ausreichend zur Verfügung, so dass das Jagen zur Nahrungsbeschaffung nicht mehr notwendig ist. 

Warum jagen so viele Hunde trotzdem? Sollte die Evolution nicht während der Domestikation (also der Abspaltung des Hundes von seinen wolfsähnlichen Vorfahren) dazu geführt haben, dass Jagen bei unseren heutigen Haushunden nicht mehr vorkommt? Schließlich ist ein wichtiger Grund, warum die damaligen Caniden zu Hunden geworden sind vermutlich der, dass sie in Menschennähe ein reichhaltiges Nahrungsangebot vorfanden, das das Erlegen von Beute quasi unnötig machte.
Meiner Ansicht nach gibt es zwei Gründe dafür, dass das Beutefangverhalten nach wie vor zur genetischen Grundausstattung von Hunden gehört:
1. Jagdverhalten ist ein so altes Erbe, dass die Evolution einfach noch nicht genug Zeit hatte, es auszuradieren. Daher ist es in wirklich jedem unserer Hunde vorhanden.
Das ist aber für mich nicht der Hauptgrund dafür, dass so viele Hunde eine sehr hohe Motivation besitzen, Beutefangverhalten zu zeigen.
2. Den Hauptgrund haben wir Menschen uns wahrscheinlich selbst zuzuschreiben, indem wir mit züchterischer Auslese systematisch die Anpassungsvorgänge der Natur untergraben haben und das immer noch tun. Das zeigt sich auch darin, dass immer wieder bestimmte Rassen damit in Verbindung gebracht werden können.
Wir produzieren Spezialisten, deren Talente oft im Bereich des Jagdverhaltens liegen. Das mag seine Berechtigung haben, wenn solche Hunde verantwortungsvoll in dem ihnen zugeschriebenen Aufgabenbereich eingesetzt werden. Werden sie jedoch als Familienhunde gehalten, verselbständigen sie sich oft innerhalb ihrer Anlagen und es gibt die bekannten Probleme.

Die erste Erkenntnis, die wir daraus ziehen können, ist die, dass jagende Hunde nichts dazu können, dass sie jagen. Sie jagen nicht, um uns Hundehalter zu ärgern, oder weil sie ungehorsam sind, sondern weil sie nicht anders können. Ich finde diese Erkenntnis sehr wichtig im Umgang mit Hunden, deren Passion im Jagen liegt, denn sie hilft dabei, es ihnen nicht übel zu nehmen, nicht böse auf sie zu sein! 
Sie folgen einem inneren Antrieb, einer Motivation, die ihren Ursprung in einer Zeit hat, als das Jagen überlebenswichtig war.
Seht in Euren jagenden Hunden keine ignoranten Viecher, sondern habt immer im Hinterkopf, dass sie gerade nicht anders können. 
Auch wenn ich später noch ausführlicher darauf eingehen möchte, ist an dieser Stelle schon mal anzumerken, dass es vorrangig KEIN Beziehungs- oder gar Bindungsproblem ist, wenn ein Hund jagen geht. Ein Hund, der gerade jagt, ordnet alle anderen Verhaltensweisen dem unter. Deswegen hat man, ist er einmal gestartet, keinen Zugriff mehr auf ihn, da er sich in einer Art „Tunnel“ befindet, der dafür sorgt, dass nur noch das Sinnesorgan mit Signalen zum Gehirn vordringt, das gerade für das Verfolgen der Beute relevant ist. Das sind meistens die Augen, oder aber die Nase. 
Die Ohren sind in solchen Momenten unwichtig, weshalb kein noch so laut gerufenes Kommando zum Gehirn vordringt.
Das Beutefangverhalten von Hunden mit in die Erziehung einzubeziehen, es für den Vierbeiner gar nicht erst so wichtig werden zu lassen, oder aber auch schon im Hund festgesetztes Jagdverhalten wieder zurück zu entwickeln, ist eins der spannendsten und gleichzeitig schwierigsten Themen im Hundetraining. Um dies hin zu bekommen ist etwas Wissen um die Dinge, die sich im Hund abspielen, während – oder schon kurz bevor – er jagt, meines Erachtens nach unumgänglich. Bitte verzeiht mir daher meine Ausführlichkeit zu diesem Thema. Ihr werdet sehen, wie sich am Ende alles zu einem „Großen Ganzen“ zusammenfügt.

Im nächsten Teil meiner kleinen Blogartikelreihe wird es darum gehen, welche Verhaltensweisen zum Beutefangverhalten gehören, womit Jagen tatsächlich schon anfängt, und an welcher Stelle man noch erzieherisch eingreifen kann.
(c) Lennart Peters, www.miteinanderlernen.de
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Kategorie(n): Allgemein, Jagen, Training

„Das eine störende Verhalten“

oder: Wie alles ein großes Ganzes ergibt.

Wer kennt das nicht: Dieses EINE Verhalten an seinem Hund, das man so gerne in den Griff bekommen möchte. So hören wir auch im Trainingsalltag häufig die Aussage: „Eigentlich ist er total unproblematisch…nur das Verhalten XY stört.“
Nehmen wir als Beispiel einen Hund, der eigentlich problemlos mitläuft, der aber, sobald er einen anderen Hund sieht, Augen und Ohren für seinen Halter verschließt und auf den anderen Hund zustürmt, ungeachtet, was sein Mensch hinter ihm für Anstalten macht, dieses zu unterbinden.
Der Wunsch des Hundehalters ist natürlich, dieses Problem zu lösen. Die Erwartungshaltung entsprechend, dass beim Training genau an diesem Thema gearbeitet wird – am besten sofort und ohne Umschweife.
Dieses ist aber nicht immer ausreichend, bzw. sinnvoll.
Warum?
Als „Betroffener“ sieht man oft nur das eine, beschriebene Thema. Ein Außenstehender, z.B. ein guter Trainer, sieht aber das „große Ganze“ bei einem Mensch-Hund-Team.
In der Kombination Mensch-Hund geht es nämlich selten um ein Thema. Vielmehr ist dieses ein Ausdruck für die gesamte Kommunikation und Konstellation -und in dieser gibt es häufig andere Störfaktoren, die an anderer Stelle zu finden sind.

Um einige Beispiele zu nennen:

  • Von einem Hund, der sich bereits im Haus aufspult, weil er so aufgeregt ist nach draußen zu kommen, kann man draußen keine ruhige Leinenführigkeit erwarten.
  • Ein Hund, der nicht von einer Schnüffelstelle abrufbar ist, wird sich nicht beim Anblick eines Hasen zu seinem Menschen umdrehen.
  • Ein Hund, der seinen Menschen an der Leine ausblendet, wird nicht auf ein „Stop“ hören, wenn er einen anderen Hund sichte.
  • Ein Hund, der sich auf das Kommando „Sitz“ ins „Platz“ legt, und merkt, dass dieses durchgeht, wird auch an anderer Stelle schauen, wie ernst Ansagen wirklich zu nehmen sind…

Die Reihe kann endlos fortgeführt werden.

Es ist daher wichtig, die zusammenhängenden Faktoren zu betrachten sowie den Ursprung zu erkennen und sich zu fragen: „Wo fängt das störende Verhalten wirklich an?“
Bleiben wir beim Beispiel des an der Leine ziehenden Hundes: Hier setzt ein Training, wenn es wirklich etwas verändern soll, nicht mit der Leinenführigkeit draußen an, sondern stattdessen im Haus, nämlich damit, dass der Hund auch beim Anlegen des Halsbands Ruhe einhält…
Bei dem Hund, der beim Anblick eines anderen Hundes die Ohren verschließt und „durchstartet“ übe ich konsequenten (!) Rückruf zunächst dort, wo die Reizlage niedrig ist und es noch keine anderen Hunde gibt und steigere die Reizlage langsam über Stellvertreterkonflikte, so das mein Hund überhaupt anfängt, mich wahr- und ernst zu nehmen und den Rückruf wieder als verbindlich und nicht als „Richtlinie“ erlebt.
Dabei gilt: „Schludere“ ich hier bei der Konsequenz, weil ich meine, dass es ja z.B. nicht so darauf ankommt, ob mein Hund beim ersten, zweiten oder dritten Mal Rufen kommt, weil es ja nur um eine Schnüffelstelle geht, lernt mein Hund nur dadurch, dass mein Rückruf nicht ernst zu nehmen ist. Lasse ich ständig „Sitz“ statt „Platz“ durchgehen, erlebt mein Hund, dass Kommandos dafür da sind, flexibel interpretiert zu werden – und versteht demnächst statt „Hier“ vielleicht „Lauf“… Smilie: ;)

Es bleibt daher: Es ist selten das „eine“ Verhalten. Wenn man ganz genau hinschaut, sieht man eine Reihe von Faktoren, die miteinander zusammenhängen und ein Ganzes bilden. Will man also ein Verhalten nachhaltig verändern, so ist es Unsinn (und meist unmöglich!) das „eine“ Verhalten isoliert vom Rest zu betrachten. Es gilt, alles im Blick zu haben, und dann an den richtigen (!) Stellschrauben zu drehen – und die liegen oft bereits dort, wo wir sie noch gar nicht vermuten – nämlich ganz an der Basis….

(c) Johanna Pelz, www.miteinanderlernen.de
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Kategorie(n): Allgemein, Führung, Irrtümer in der Hundeerziehung

„Der will doch nur spielen – oder?“

 – Anzeichen von Mobbing erkennen und unterbinden

Ein wirklich schöner Sonntag auf der Hundewiese: Die Sonne scheint, es sind bekannte Gesichter da, man plaudert über dieses und jenes, und die Hunde vergnügen sich derweil auf der Wiese. Einfacher und netter kann man seinen Hund doch nicht auslasten, zumal es ihm doch so viel Spaß macht, oder?
Allzu leicht deklariert man gemeinsames Umherlaufen als ein schönes Laufspiel, dabei interpretieren wir das Geschehen häufig völlig falsch: Während wir noch glauben, dass die Hunde miteinander spielen, findet dort schon Mobbing statt.

Aber was genau ist Mobbing und wie können wir es erkennen?

Um Mobbing erkennen zu können, ist es sinnvoll, zunächst auf die Merkmale von Spiel zu schauen.
Spiel ist geprägt von:

  • Wechselseitigkeit und Rollentausch: Der Jäger wird auch mal zum Gejagten und andersherum.
  • Die Hunde zeigen Spielsignale, indem sie sich z.B. selbst in eine unterlegene Position bringen (Vorderkörpertiefstellung, absichtliches Langsamwerden, Kehle präsentieren)
  • Die Hunde zeigen Übertriebenheit in Bewegungen (so genannte Luxusbewegungen), Mimik (Spielgesicht) bzw. Lautäußerungen.

Bei Mobbing hingegen fehlen die genannten Signale. 
Die Bewegungen sind nicht übertrieben, sondern effizient. Die Hunde begeben sich zudem nicht freiwillig in eine unterlegene Position.
Am deutlichsten erkennt man aber Mobbing auch daran, dass es sich durch Unausgewogenheit auszeichnet. Diese kann sich auf mehrere Faktoren beziehen:
Unausgewogenheit ist zum Bespiel dann vorhanden, wenn mehrere Hunde einen einzelnen Artgenossen hetzen. Hier gilt häufig der Spruch: „Drei sind einer zu viel“. Achten Sie daher gut darauf, ob sich ein Spiel verändert, wenn zu zwei spielenden Vierbeinern ein dritter hinzustößt.
Unausgewogen ist ein Sozialkontakt aber auch dann, wenn über einige Zeit kein Rollentausch stattfindet. Beobachten Sie, ob immer nur ein Hund der Jäger oder der Gejagte ist und ob dieses Miteinander auch wirklich beiden Hunden Spaß macht. Es gibt Hunde, die gerne den Hasen mimen – achten Sie aber darauf, ob auch der Jäger noch weiß, dass der Hase eigentlich ein Artgenosse ist; denn teils startet ein Jagd-„Spiel“ in freundlicher Absicht, kann aber aufgrund der ausgeschütteten Hormone kippen und so „ruppig“ werden.

Ein wichtiger Indikator, ob Ihr Hund sich noch wohl fühlt, ist zudem, ob er möglicherweise Schutz bei Ihnen sucht. Versteckt sich Ihr Hund hinter Ihren Beinen? Und wenn ja: Was tut er dort? Schießt er von dort immer wieder hervor und hält das Spiels selbst am Laufen? Oder verkriecht er sich dort und versucht nur, sich vor den „Angriffen“ des anderen Hundes zu schützen?
Ist letzteres der Fall, begehen Sie bitte nicht den Fehler und gehen davon aus, dass „die das schon unter sich ausmachen.“ Ihr Hund zeigt ein absolut erwünschtes Verhalten: Er sucht in einer Notsituation Schutz bei Ihnen. 
Das Schlimmste, was Sie tun könnten, ist, ihm diesen nicht zu gewähren. So lernt er nur, dass er sich in Problemsituationen nicht auf Sie verlassen kann. Eindruck hingegen machen Sie, wenn Sie eine Konfliktsituation für Ihren Vierbeiner lösen können. Dazu können Sie natürlich zunächst mal den anderen Hundebesitzer ansprechen, und ihn darum bitten, seinen Hund zu sich zu nehmen. Ist dieser nicht einsichtig, oder vielleicht gar nicht in Sichtweite, trauen Sie sich, den anderen Hund durch Ihre Körpersprache (aufgerichtet, auf den Hund zu) und Stimmeinsatz wegzuschicken.
Diese Erfahrung wird dazu führen, dass Ihr Hund sich auch zukünftig an Sie wenden wird, wenn er ein Problem hat.
Andersherum: Haben Sie selbst einen Hund, der zeitweise gerne mobbt (und diese Exemplare sind nicht selten), sorgen Sie dafür, dass er sich Artgenossen gegenüber neutral bis freundlich verhält, bzw. nehmen Sie ihn ggfs. aus der Situation, wenn er sich einen (mental) schwächeren Artgenossen als Opfer sucht.

Bei allem bleibt: Abhängig von Alter, Rasse und individuellem Charakter haben viele erwachsene Hunde kein Interesse (mehr) daran, mit jedem fremden Hund zu spielen.
Kontaktaufnahme mit unbekannten Artgenossen bedeutet immer auch Stress, der je nach Individuum unterschiedlich gut oder weniger gut verkraftet wird. 
Wichtiger als die Quantität der Hundebegegnungen ist aber immer die Qualität. Vielen Hunden tut man also eher einen Gefallen damit, wenn man in einer Gruppe mit bekannten Hunden spazieren geht, statt auf der Hundewiese ständig neue „Freunde“ zu suchen.

Beobachten Sie also sorgfältig Ihren Hund, wenn Sie mit ihm auf eine stark frequentierte Hundefläche gehen: Fühlt er sich dabei wohl, wenn er auf viele neue Hunde trifft? Macht sich dieses z.B. in seiner Körperhaltung bemerkbar? Läuft er sicher und freudig auf andere Hunde zu? Oder geht er eher geduckt? Kann er in Hundebegegnungen „bestehen“, oder wird er häufig zum Opfer? Oder „stänkert“ Ihr Hund selbst gern und zettelt Streit an?
Indem Sie diese Fragen ehrlich beantworten, können Sie am besten herausfinden, ob das Konzept Hundewiese für Ihren Hund überhaupt geeignet ist.
Bedenken Sie: Selbst, wenn Ihr Hund sozial kompetent und sicher ist, wissen Sie nicht, auf was für ein Gegenüber er dort trifft.
Daher halten Sie ein waches Auge darauf, was zwischen den Hunden passiert und trennen Sie gegebenenfalls, wenn sich Ihr Hund dabei nicht wohl fühlt.

(c) Johanna Pelz, www.miteinanderlernen.de

Kategorie(n): Allgemein, Irrtümer in der Hundeerziehung, Spiel, Training